Mit Julian nach Dänemark

Ferienzeit ist Urlaubszeit. Das gilt für ein besonderes Kind wie Julian im Grunde genauso wie für viele andere. Vor Julians bzw. unserem Urlaub sind allerdings ein paar Hürden gesetzt. Glücklicherweise haben wir nun schon einige Urlaube lang Erfahrungen sammeln können, so dass die eine Woche Dänemark in diesem Jahr richtig gut geklappt hat. Los geht es im Grunde ein paar Monate vorher. Erstmal wie bei jedem anderen auch: Ziel aussuchen und Ferienhaus buchen. Die Besonderheit bei uns ist, dass wir ein Ferienhaus benötigen, dass im Erdgeschoss ein Schlafzimmer hat. Julian ist mittlerweile so schwer, dass man ihn nicht mehr so einfach, irgendwelche Treppen hoch und runter schleppen kann. Also suchen wir ein Ferienhaus, wo es ebenerdig ein Schlafzimmer gibt und er auch einigermaßen selbstständig sich im Ferienhaus bewegen kann. Da sind die vielen Bilder im Internet vorab wirklich hilfreich. Bisher buchen wir noch ganz normale Ferienhäuser und keine behindertengerechten, d.h. er schläft in der Woche auch in einem normalen Bett. Zu Hause haben wir ein Pflegebett, dass sich bequem nach oben und unten fahren lässt. Doch für eine Woche tut es bisher auch ein normales Bett. Damit es für die ganze Familie auch ein schöner Urlaub ist, nehmen wir drei unserer Pflegefachkräfte mit, die sich im Drei-Schicht-System die Dienste teilen. Das hat zum einen die Herausforderung, Pflegefachkräfte zu finden, die das ganze mitmachen, aber auch, dass wir ein weiteres Ferienhaus mit drei getrennten Schlafzimmern benötigten. Letzteres klingt so leicht, aber wir hatten schon häufiger das Problem, dass es zwar drei Schlafzimmer gab, aber das 3. Zimmer oft ein kleines Kinderzimmer mit z.B. Etagenbett ist oder ein Zimmer, dass offen zum Flur hin ist, usw. Es klingt so banal, stellt uns aber tatsächlich vor Herausforderungen. In diesem Jahr waren wir auf Fano in Dänemark und da haben wir ein tolles Haus gefunden, dass ca. 1,5 km von unserem Ferienhaus entfernt war. So hatten die Pflegefachkräfte zum einen die Möglichkeit sich zurückzuziehen und auf der anderen Seite einen kurzen Arbeitsweg. Dank des schönen Wetters konnten sie zur Abwechselung mal zur Arbeit radeln. Die restliche Zeit des Tages haben sie natürlich frei und konnten auch die Insel genießen. Mittlerweile haben wir auch ein kleines tolles Team, das total gerne mitfährt und die freie Zeit als Urlaub sieht. Somit konnten wir in diesem Urlaub den Begriff „workation“ prägen – also work und vacatian in einem. Das ist richtig klasse und entspannt uns als Familie auch sehr. In den Tagen vor der Abreise wird wie wild gepackt. Auf der einen Seite müssen wir alles dabei haben: Rollstuhl, Rehabuggy, jede Menge Hilfsmittel, Monitor, Absauge, Beamtungsgerät und natürlich Kleidung und Spielsachen. Auf der anderen Seite versuchen wir uns einigermaßen zu begrenzen, um nicht zu viel mitzuschleppen. Bei Julian tatsächlich eine Herausforderung. Doch auch da werden wir mit Mal zu Mal besser. Wir sind nun auch schon geübt, unser ganzes Zeug auf die Autos zu verteilen. Ja, tatsächlich Autos. Wir fahren insgesamt mit drei Autos. Einmal unser großes Sohn Bjarne und ich (Kathrin) im kleinen Up. Dann Julian mit seinem Papa und zwei der Pflegefachkräfte im Bulli. Und schließlich die dritte Pflegefachkraft, die ihren Freund mitnimmt, in einem dritten Auto. Das ganze Gepäck von uns und den Pflegefachkräften wird auf die drei Autos verteilt und dann kanns losgehen. In diesem Jahr hatten wir wirklich richtig Glück gehabt. Dadurch das NRW als erstes und einziges Bundesland bereits Ferien hatte, war die Autobahn vergleichsweise leer und wir sind mit einem Zwischenstopp nach bereits 7 Stunden auf Fano angekommen. Die Fährüberfahrt dorthin ist auch völlig problemlos. Dort angekommen wurden wir bereits von meiner Schwester und ihrer Familie begrüßt, die in diesem Jahr mitgekommen sind (also Auto Nr. 4 und Haus Nr. 3 😉). Wir hatten auch richtig großes Glück mit dem Wetter. Lediglich an dem Montag hat es in Strömen geregnet. Den Rest der Woche hat sich Dänemark in herrlichem Sonnenschein präsentiert und die Zeit verging wie im Fluge. Wir haben uns Fahrräder geliehen und Philipp hat Julian in seinem Rehabuggy über die Insel gezogen. Am Strand konnten wir Drachensteigen lassen, Kitebuggy fahren (Philipp und Julians Bruder), Leute beobachten (Julian), laufen (ich), reiten (Julians Cousine) oder schwimmen gehen (es war überraschen warm – ich war auch im Wasser!!). Als besonderen Spaß hatten wir eine Strandbude entdeckt, bei der es unfassbar leckere Pommes in unglaublich großen Portionen gab. Das wurde zum Running gag der Woche und wir haben uns nicht nur einmal an dieser Bude völlig vollgefuttert. Das Softeis war auch so lecker… Ein Highlight gab es am Dienstag. An diesem Tag wurde der Freund unserer einen Pflegefachkraft 50. Jahre alt. Und dieses besondere Event haben wir abends am Strand mit einer Sonnenuntergangsparty gefeiert. Wir hatten eine Menge Essen und Getränke am Strand mit und haben den Abend genossen. Der Sonnenuntergang war erst um 22.15 Uhr und so blieben wir natürlich so lange am Strand. 0ee1dd8c-0406-4be2-9089-c6363cf8b127 Julian war am Ende echt ganz schön k.o. und wollte eigentlich nur noch nach Hause.  Er hat es aber tatsächlich bis zum Sonnenuntergang ausgehalten. Ich habe mich ziemlich gewundert. Normalerweise schläft er irgendwann ein, wenn es zu viel ist. Aber dafür war es dann wohl doch zu spannend. Auf dem Rückweg hat er die ganze Zeit „Ja“ geklopft – das sollte wohl heißen: „Ja, ich möchte ins Bett“. Julian hat an seinem Rollstuhl „Ja“ und „Nein“ Karten, mit denen er antworten kann. Mittelweile wissen wir auch so, dass links „Ja“ ist. Er hörte gar nicht mehr auf zu klopfen… Kaum zu Hause direkt ins Bett. Wir hatten unsere liebe Not ihn überhaupt noch auszuziehen. Und dann lag er platt wie eine Flunder im Bett und hat sich den Rest der Nacht kein Stück mehr bewegt. Da merkt man schon, wie wichtig nachts die Beatmung nach wie vor ist. Am nächsten Tag war er auch wieder gut drauf. Und so ging die Woche tatsächlich sehr schnell zu Ende. Es war wirklich sehr schön und wir sind sehr dankbar, dass wir mit unseren Pflegefachkräften so ein Glück haben, dass wir den Urlaub so sehr genießen können. Vielen Dank!

Höxteraner Feuerwehrlauf – ein echter Lauf für Jeden

Als leidenschaftliche Läuferin bin ich regelmäßig auf Laufveranstaltungen. So auch am Samstag beim 7. Höxteraner Feuerwehrlauf. Doch dieser Lauf ist überhaupt nicht vergleichbar mit den sonstigen Läufen.

Wer echte Inklusion und eine Anerkennung für ausnahmslos jede Läuferin – jeden Läufer erleben möchten, dem empfehle ich eine Teilnahme an dieser Veranstaltung.

Bereits vor 3 Jahren bei meiner ersten Teilnahme war ich total begeistert, wie problemlos ich gemeinsam mit Julian in seinem Rehabuggy teilnehmen konnte. Als ich beim Start gefragt habe, ob ich für Julian auch eine Startnummer bekommen könnte, guckte ich eher in fragende Gesichter: „Warum denn nicht? Er ist doch dabei!“ Cool! Und so war es auch beim Lauf. Es gibt die schnellen Läufer-innen, die normal schnellen Läufer-innen, die langsamen Läufer-innen, es gibt viele Feuerwehrmänner und -frauen, die in voller Montur laufen, Kinder auf Fahrrädern, Kinder im Rollstuhl, ganze Walkinggruppen usw. Alles, was sich irgendwie 7 km nach vorne bewegen kann, kann mitmachen.

In diesem Jahr konnte ich alles noch mehr aufnehmen und vor allem genießen. Ein großes Fest für Alle. Seit wir im Januar gemeinsam mit dem Organisator Mathias Schmidt den Verein Drachenpaten e.V. gegründet hatten, fieberten wir auf diesen Lauf hin. Die Einnahmen kommen vollständig unserem Verein zugute. Umso glücklicher waren wir, dass uns sogar der Wettergott hold war und uns einen wunderschönen Tag schenkte. Start und Ziel in diesem Jahr war der Innenhof des Schlosses Corveys – ein wirklich großartiges Ambiente.

Wir waren mit der ganzen Familie inklusive Pflegefachkraft angereist. Auch unser großer Sohn wollte teilnehmen. Er läuft zwar nicht so gerne, da ich aber in Aussicht gestellt hatte, dass wir größtenteils wandern werden, war er mit dabei. Unsere Pflegefachkraft Steffi war ebenfalls sehr begeistert und wollte mitwandern/-laufen. Wir zogen also unsere funkelnagelneuen Drachenpaten-Shirts über und warteten auf den Start. Die Wartezeit wurde durch eine abwechslungsreiche Moderation, viele Gespräche über die Drachenpaten und der Möglichkeit von Getränken sowie Kuchen sehr kurzweilig.  

Um 15.30 Uhr folgte der lautlose Startschuss durch den Herzog. In dem Moment machte die Pistole schlapp und er rief daraufhin einfach: „Auf die Plätze, fertig, los.“ Alles ganz easy.

Unser erwartete eine herrliche Runde durch die Höxteraner Landschaft mit wunderbaren Ausblicken auf erfreulich viel Wald und an der Weser entlang. Insgesamt haben sich über 500 Läufer-innen auf den Weg gemacht. Das Feld zog sich schnell auseinander. Die schnellen Läufer-innen zischten direkt nach vorne ab. Und dahinter reihten sich alle anderen nacheinander ein. Wirklich schön auch als Walker noch viele um sich herum zu haben.

Ein echtes Highlight ist der Zieleinlauf. Mathias klatscht ausnahmslos jeden Läufer ab und feiert ihn – völlig egal, wie lange er für die Strecke gebraucht hatte. Das ist echte Wertschätzung. Ein dickes Lob an Mathias. Ich kenne leider zu viele Läufe, bei denen die letzten Läufer-innen kaum noch Publikum haben, die Verpflegungsstationen ausgeräubert oder die Zielverpflegung leer ist. Es ist tatsächlich manchmal ein trauriges Bild, wenn man vermeintlich so spät ins Ziel kommt.

Ganz anders hier: Es ist wirklich jeder ein Gewinner und so ist es ja auch. Natürlich hat ein schneller Läufer unseren vollen Respekt. Doch genauso faszinierend finde ich es, wenn das Kind im Rollstuhl die ganze Strecke fährt oder eine Walkinggruppe zum ersten Mal die 7 km schafft und von den vielen Feuerwehrleuten in Vollmontur brauchen wir erst gar nicht zu sprechen. Was für eine Leistung!

Kurz bevor wir mit der Laufrunde am Ende waren, reihten sich die restlichen Drachenpaten ein, so dass wir gemeinsam über die Ziellinie gelaufen kamen und ebenfalls begeistert begrüßt wurden. Das war richtig toll.

Jeder, der mal Lust hat, die Luft von Laufveranstaltungen zu schnuppern, ist herzlich eingeladen, im nächsten Jahr nach Höxter zu kommen und mitzumachen. Das ist gelebte Inklusion, die ich mir viel häufiger wünsche. Es sind einfach alle mit dabei – egal mit welchen Herausforderungen sie an den Start gehen. Und ganz nebenbei tut ihr was Gutes für schwer erkrankte und/oder benachteiligte Kinder.

Ich war auch wieder einmal erstaunt, wie sehr Julian solche Veranstaltungen mag. Es gibt viele Leute zum Angucken, beim Laufen selbst feuert er uns mit Fußgetrappel an – wenn es nach ihm ginge, könnte es noch viel schneller sein – und ein bisschen wird es auch die Mama sein, die einfach glücklich ist, dort mitmachen zu können. Das färbt sich wohl aufs Kind ab. 😉

Toll fand ich auch, dass Bjarne die 7 km mitgezogen ist und auch unsere Pflegefachkraft Steffi fand ich ziemlich cool, dass sie als Nichtläuferin mitgekommen ist. Es war ein richtig tolles Event und wir freuen uns schon aufs nächste Jahr.

Ein verabschiedeter Traum wird wahr: Vater und Söhne schaffen es auf Gipfel

Der Paderborner Philipp Wibbing wollte mit seinen Söhnen Berge besteigen. Aufgrund der Behinderung des Jüngsten sei das unmöglich, denkt er. Seine Freunde sehen das jedoch anders.

von Julia Lichtnecker, Neue Westfälische vom 30.12.2021: Ein verabschiedeter Traum wird wahr: Vater und Söhne schaffen es auf Gipfel | nw.de (mit freundlicher Genehmigung der Neue Westfälische )

Paderborn. Es sollte um seinen Sohn Julian gehen, um das Leben als Elternteil eines schwerst-mehrfach-behinderten Kindes und auch um die Gründung eines besonderen Pflegedienstes, von denen es nur sehr wenige gibt. Über all diese Dinge sprach Philipp Wibbing in der zweiten Episode des Podcasts „Der Begleiter“, dem Audioformat des Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Paderborn-Höxter. Dass sich nur wenige Monate später aufgrund des aufgezeichneten Gesprächs ein Traum erfüllen würde, damit hatte Wibbing nicht gerechnet.

Doch von Anfang an: Im Oktober 2013 sind Philipp Wibbing und seine Frau Kathrin zu Gast auf einer Hochzeit, etwa zehn Wochen vor dem errechneten Geburtstermin. In der Nacht platzt die Fruchtblase. Noch in der Nacht kommt Julian mit einem Not-Kaiserschnitt als zweiter Sohn der Familie zur Welt. Schnell ist klar: Julian, der sich kaum bewegt und nicht atmet, muss auf die Intensivstation. Dort bleibt er zehn Wochen, bis er im März wird er mit einem Blaulicht-Transport nach Paderborn verlegt wird.

Zu dem Zeitpunkt ist schon klar, dass Julian intensive Betreuung braucht. Zuhause bauen die Wibbings eine kleine Intensivstation nach, damit Julian nach Hause kann. Ihr Sohn muss rund um die Uhr professionell versorgt werden, an jedem Tag der Woche. Ein Umfang, den kaum ein Pflegedienst abdecken kann.

Mit eigenen Erfahrungen Pflegedienst gegründet

„Aus dem Schmerz heraus“, so erzählt Wibbing, habe er mit seiner Frau Anfang 2015 dann Team David gegründet. Hinter dem Namen verbirgt sich ein Pflegedienst, der sich auf die Intensivpflege von Kindern spezialisiert hat. Inzwischen habe Team David elf Kinder in ganz OWL in der Versorgung, die von insgesamt 37 Mitarbeitern betreut werden. Der Bedarf an solchen Angeboten sei allerdings weitaus höher.

In der Podcast-Episode, die dann Anfang Mai erscheint, berichtet der Vater über all das. Und erwähnt auch, dass er sich von einigen Dingen innerlich verabschieden musste, die er sich für sein Leben vorgestellt hatte. Eine dieser Sachen sei eine alpine Bergbesteigung mit seinen Kindern. Und dabei das Bild, wie er mit seinen zwei Söhnen am Gipfelkreuz steht. „Das habe ich selbst auch mit meinem Vater gemacht“, sagt Wibbing.

Als ein Freund des 45-Jährigen kurz darauf den Podcast hört, steht für ihn fest: Das bekommen wir hin. Über Monate plant eine Gruppe von Freunden und Bekannten den Ausflug, der eine Bergbesteigung möglich machen soll. Auch seine Frau Kathrin ist eingeweiht und unterstützt das Vorhaben. „Für den Aufstieg brauchten wir nämlich einen Gelände-Buggy, der erst noch besorgt werden musste“, sagt Wibbing. Denn auch wenn Julian doch einiges könne – eigenständig Laufen funktioniert nicht.

Freunde wollen dem Vater einen Traum erfüllen

Am 10. Oktober ist es dann so weit. Es ist Sonntag, die Sonne strahlt vom Himmel. Wibbing wird zuhause von sechs Freunden überrascht. Wohin es gehen soll, weiß er nicht. Julian und sein zwölfjähriger Bruder Bjarne sollen aber mitkommen. Als die Gruppe in Willingen ankommt, ahnt der zweifache Vater noch nichts. „Erst, als mein Kumpel sagte: ‚Es gab doch mal einen Podcast…‘, wusste ich, was das werden soll.“

Auch, wenn der 837 Meter hohe Ettelsberg in Willingen nicht einem alpinen, schneebedeckten Gipfel gleichkommt: „Ich war beeindruckt von dem Aufwand, den sich meine Freunde gemacht haben. Und spätestens nach den ersten 400 Metern wurde es dann auch schweißtreibend“, sagt Wibbing und lacht. Der Ettelsberg sei also doch mehr Berg, als er noch unten gedacht hatte.

Nach anderthalb Stunden und abwechselndem Schieben des Buggys kommt die Gruppe oben an. „Als ich den Wasserspeicher oben gesehen habe, wurde mir klar: Wir sind jetzt oben. Und dann habe ich entdeckt, dass es sogar ein Gipfelkreuz gibt.“

„Alle waren einen Moment still“

Das Erreichen des Kreuzes ist ein besonderer Moment. „Alle waren ergriffen und einen Moment still“, erinnert sich Wibbing. „Ich habe Julian dann aus dem Wagen genommen.“ Die letzten paar Meter ist der Achtjährige dann mit Unterstützung zum Gipfelkreuz gelaufen. „Dort angekommen, haben beide Söhne ihren Kopf angelehnt und ich habe gemerkt, dass beide emotional ergriffen waren.“

Und auch für Wibbing erfüllt sich in diesem Moment ein Traum, wenn auch anders als vorgestellt. „Die Bergbesteigung war für mich das zentrale Bild von dem, was nicht geht. Da oben zu stehen, das ist das absolute Gegenbild dazu. Es geht also doch – in der Gemeinschaft, mit Unterstützung von anderen.“

Seinen Freunden ist der Paderborner „total dankbar“, dass sie ihm eine Tour bis zum Gipfelkreuz ermöglicht haben. „Das hat zwei Aspekte für mich: Zum einen haben sie das mitbekommen und dann von sich aus Zeit und Aufwand investiert, um mir einen Traum zu ermöglichen“, sagt Wibbing.

Zum anderen sei ein so guter Freundes- und Bekanntenkreis nicht selbstverständlich. „Viele Familien mit lebensverkürzt erkrankten Kindern haben nur wenige Kontakte, weil sie stark eingespannt sind oder sich schämen.“ Das treffe auf die Wibbings nicht zu: „Unsere Freunde sind trotz unseres Schicksalsschlags weiter für uns da – und auch Julian ist ein ganz normaler Teil der Gruppe.“

Inklusion? – Inklusion!

In der letzten Woche waren wir mit Julian im Urlaub – gemeinsam mit unserem wunderbaren Team bestehend aus drei Pflegefachkräften, die Julian auch im Urlaub rund um die Uhr unterstützt haben. Das war großartig! Und auch an dieser Stelle noch einmal ein ganz herzliches Dankeschön an Elena, Regina und Alex.

Vom Urlaub werde ich auch nochmal berichten, aber heute geht es mir um das Thema Inklusion. Das ist uns im Urlaub sowohl sehr negativ als auch sehr positiv aufgefallen. Ich starte mal mit dem negativen Erlebnis.

Am Dienstag morgen wollten wir mit dem Boot fahren – von Niendorf-Hafen nach Scharbeutz, um dann über die Strandpromenade wieder zurück zu wandern. Wir hatten alles für Julian dabei und so organisiert, dass wir eine boot- und wanderfeste Pflegefachkraft dabei hatten. Also standen wir pünktlich 20 Minuten vor Abfahrt am Boot und Philipp orderte die Tickets. Bis dahin alles schick… Bis der Blick des Kapitäns auf Julian bzw. unseren Rehabuggy fiel. Philipp drehte sich um und meinte, der Kapitän will uns nicht mitnehmen. Ich war völlig verwirrt: „Wie? Er will uns nicht mitnehmen??“. Nein, er will uns nicht mitnehmen, weil der Rehabuggy zwingend durch eine bestimmte Tür muss, um ihn transportieren zu können. Unsere Anmerkung, dass man ihn so wie für Kinderwagen am Boot angegeben, zusammenfalten könnte, interessierte ihn nicht und unser Vorschlag, dass wir den Wagen doch auf die andere Seite stellen könnte, quittierte er mit einem Achselzucken. Es gab dann auch keinerlei Diskussion mehr. Er ließ einfach die anderen an Board und quatschte mit einem Bekannten, der vorbeikam. Er interessierte sich wirklich überhaupt nicht dafür, dass wir nicht mitfahren konnten.

Wir waren echt sprachlos! So viel Desinteresse begegnen wir selten.

Wir hatten erst noch überlegt, ob zumindest Philipp mit den Kindern und Elena mitfahren und ich den Rehabuggy zu Fuß nach Scharbeutz bringe. Aber am Ende haben wir es nicht gemacht. Wir wollten die ignorante Art des Kapitäns nicht auch noch unterstützen.

Ein Blick in die Google-Bewertungen der Reederei zeigte uns auch, dass wir nicht alleine mit dem Problem da standen. Es gab weitere Bewertungen, bei denen er Familien mit Kindern ebenfalls hat stehen lassen, weil sie einen Kinderwagen dabei hatten. Die traurigen Blicke bei denen und auch bei uns könnt ihr euch vorstellen. Wir hatten schließlich schon den ganzen Montag darüber gesprochen, dass wir Boot fahren. Und für Julian wäre es das erste Mal gewesen. Gut – nicht bei dieser Reederei.

Uns geht es im übrigen gar nicht darum, dass unbedingt alles komplett barrierefrei ist. Das ist sicherlich wünschenswert, aber noch ein echt weiter Weg. Ich weiß nicht, über wie viele Treppen und hohen Bordsteinkanten wir Julian schon gehievt haben. Uns geht es um den Willen – den Willen Inklusion zu leben. Inklusion bedeutet ganz einfach, dass jeder Mensch dazu gehört. Egal, welche Herkunft, Aussehen und auch mit welcher Behinderung. Und Inklusion geht uns alle an! Es geht darum, dass zumindest Ideen entwickelt werden, wie in unserem Fall, die Bootstour möglich gewesen wären. Zunächst hätten wir uns gemeinsam anschauen können, wie klein der Buggy überhaupt zusammenfaltbar gewesen wäre. Dann hätte er vielleicht auch Vorschläge machen können, welche Bootstouren besser geeignet sind. Und wenn das alles nicht möglich gewesen wäre, dann wäre zumindest ein freundliches Bedauern drin gewesen. Aber nichts von dem kam.

Für den Kapitän waren es drei lapidare Sätze und das Aushalten unserer Blicke bis zur Abfahrt (letzteres hat ihn wirklich null interessiert). Für uns war erstmal der ganze Ausflug im Eimer. Ok – die Wibbings sind nunmal die Wibbings und machen das beste aus der Situation: Wir haben uns also zu Fuß auf den Weg gemacht und hatten tatsächlich noch eine schöne Zeit mit Adventure-Minigolf und einen Ausflug zum Erdbeerhof. Außerdem haben wir eine entsprechende Google-Bewertung abgegeben und haben uns telefonisch bei der Reederei beschwert. Die war auch nicht sonderlich einsichtig. Ein sehr offenes Ohr hingegen erhielten wir bei der zuständigen Beauftragten für Menschen mit Behinderung. Die hat Philipp auch mal direkt angerufen. Wir hatten sofort ihr vollstes Verständnis und sie wollte sich auch jeden Fall darum kümmern, weil sich die Region Inklusion auf die Fahnen geschrieben hätte und das würde ja mal gar nicht gehen. Es wäre spannend, ob dabei was herauskommt. Das haben wir leider nicht erfahren. Trotzdem fühlte es sich gut an, aktiv zu werden und es nicht einfach hinzunehmen.

Und noch am gleichen Tag erlebten wir, wie Inklusion gehen kann. Dieses Mal war der Hauptakteur ein 8jähriger Junge, den wir auf dem Erdbeerhof trafen. Er schaut Julian ganz fasziniert an und kurz danach ging der Fragenhagel los: Was er hätte? Ob er laufen könnte? Was mit seinen Augen ist und so weiter. Er war wirklich sehr interessiert. Besonders interessierte ihn, was er machen kann:
„Geht er zur Schule?“
„Ja, in die zweite Klasse.“
„Ah. Ich auch. Wie kann er denn schreiben?“
„Bisher noch nicht. Er übt aktuell lesen. Das geht mit bestimmten Karten“
„Ah. Das ist gut! Und rechnen?“
„Ja. Lernt er auch. Auch mit Karten“
„Kann er mit der Rutsche rutschen?“ [Es gibt dort eine Sackrutsche]
„Ja. Wir müssten ihn hochtragen und mit ihm zusammen rutschen. Aber dann würde es gehen. Er möchte allerdings nicht.“
„Aber es würde gehen, wenn er möchte?“
„Ja“
„Das ist gut. Und kann er auch mit der Traktorbahn fahren?“
„Ja. Das würde auch gehen. Wir könnten ihn reintragen und er kann mitfahren“

Und so ging das eine ganze Weile weiter. Es war so spannend zu sehen, wie wichtig ihm war, dass Julian alles machen könnte, was er auch macht. Da sie beide 8 sind, kann er sich natürlich sehr gut vorstellen, was Julian gut finden könnte. Inklusion kann so einfach sein. Einfach mal überlegen, was die Person möchte und dann überlegen, wie man das umsetzen könnte.

Auch in den nächsten Tagen haben wir wieder viele positive Erlebnisse gehabt: Menschen, die sofort Platz machten. Kellner, die Tische und Stühle an die Seite räumen, damit wir alle zusammen sitzen können. Kinder, die es völlig normal finden, dass Julian im Rollstuhl sitzt und vor allem seine coolen Glitzerräder bewundern.

Ja, Inklusion kann so einfach sein. Wenn wir alle mitmachen und immer wieder die Augen aufhalten, wenn es darum geht, Menschen zu integrieren. In unserem Fall einfach mal Platz schaffen. Und aus eigener Erfahrung ist fragen definitiv besser als weggucken. Wir können ja immer noch sagen, dass wir die Hilfe nicht benötigen.

Teilt den Beitrag gerne weiter, damit wir mehr Menschen erreichen.

Julians Ferienprogramm

Nach der langen Corona-Zeit ohne Schule hatten wir doch etwas Sorge, wie wohl die Ferien für Julian werden würden. Da wir unseren Urlaub erst im Herbst geplant haben, standen also lange 6,5 Wochen zur Verfügung. Und mittlerweile hat Julian auch Langeweile, wenn wir nur zu Hause sind.

In den ersten zwei Wochen hatten wir daher kleinere Ausflüge geplant. An einem Tag sind wir in einen kleineren Freizeitpark – den Pott’s Park in Minden gefahren. Wir finden, das ist echt ein ganz süßer Park, der gerade für jüngere Kinder sehr empfehlenswert ist. Es gibt dort u.a. ein Karussell, in das Julian inklusive Rollstuhl / Rehabuggy reingehen kann. Allerdings haben wir festgestellt, dass unser Sohn ein kleiner Adrenal-Junkie ist und so sind wir in diverse größere Drehkarussells gegangen. Da er einigermaßen stabil sitzen kann, hat das richtig super geklappt. Und die Parkmitarbeiter waren auch alle sehr hilfsbereit und freundlich. So hatten wir einen richtig schönen Tag.

Einen anderen Tag waren wir im Zoo. Solche Ausflüge mag Julian auch sehr gerne, weil er dort einfach viel anschauen kann. Da er ja seine Augen nicht selbst aufhalten kann, hält er immer mit einer Hand das Auge auf und dann schaut er sich alles ganz genau an. Er beobachtet Menschen und Tiere gleichermaßen gerne. Der Tierpark in Hamm ist zum Glück auch ebenerdig, so dass wir alles gut erreichen konnten. Das macht solche Ausflüge doch immer wesentlich einfacher.

Am besten war für Julian allerdings die letzte Woche. Da hatten wir ihn zum Ferienprogramm vom Familienunterstützenden Dienst angemeldet. Das war extra für Kinder mit Beeinträchtigungen. Es ging für eine Woche vormittags in eine Hütte in Etteln (das ist ein kleiner Ort hier in der Nähe). Zusammen mit drei weiteren Kindern gab es ein tolles Programm mit Spielen (Julian hat beim Mensch-ärger-dich-nicht gewonnen), Spielplätzen und Ausflügen. Einen Tag waren sie bei der Feuerwehr. Das fand Julian so aufregend, dass er einen der Betreuer direkt über die Füße gefahren ist, damit er auf jeden Fall in das Feuerwehrauto konnte. Wir waren etwas überrascht, dass er das so gut fand. Krankenwagen und alleine das Sirenengeräusch mag er überhaupt nicht. Er regt sich schon auf, wenn er nur die Sirene hört. Er war einfach zu oft im Krankenhaus und ist im Grund schon viel zu oft mit dem Krankenwagen gefahren. Aber das war alles vergessen: Feuerwehrauto scheint sehr cool zu sein.

Außerdem war er noch der kleine Pferdeflüsterer, weil sie an einem Tag zum Pferdestall gegangen sind. Julian hat sich erst alles gut angeschaut und nach einer Aufwärmphase hat ein Pony seinen Kopf in Julians Schoß gelegt. Das muss richtig süß gewesen sein.

Die Woche war also ein voller Erfolg und werden wir in einer der nächsten Ferien ganz bestimmt nochmal machen. Wirklich schön, dass es auch für behinderte Kinder so etwas tolles gibt.

In dieser Woche geht er zusammen mit seinem großen Bruder zum Feriencircus. Da studieren die Kinder an drei Tagen ein kleines Programm ein, dass wir uns dann anschauen können. Die Begrüßung heute war schon sehr entspannt und nett. So hoffen wir, dass Julian gut integriert wird. Der Zirkus ist ja ein normales Programm für alle Kinder. Aber wie wir unseren großen Sohn kennen, wird er das schon durchboxen. Wir werden berichten.

Sommerspaß und Sommerfrust

Das fasst den Sommer für Julian wohl ganz gut zusammen.

Julian mag die Hitze wirklich gar nicht. Er ist einfach eher das Nordkind und friert generell nicht so schnell. Die aktuellen Temperaturen sind eine echte Herausforderung für ihn. Wir haben darauf reagiert und seinen Schlafplatz schon vor 2,5 Wochen in den Keller verfrachtet. Vormittags gehen wir noch mit ihm raus oder sind im Garten. Doch den Nachmittag und vor allem die Schlafzeiten verbringt er viel im Keller. Klingt komisch, aber er ist dann einfach am zufriedensten. Er spielt auf seiner Decke mit seinem heißgeliebten Klangwürfel oder -krokodil und alles ist schön. Unser Keller ist auch richtig ausgebaut mit normal hohen Decken und großen Fenstern.

Doch ab und an suchen wir die Herausforderung: Wir hatten bereits Anfang Juni beschlossen, dass es am Freitag, 27. Juli in den Safaripark geht. Das ist mal frühzeitige Planung, oder? Es liegt einfach daran, dass der Dienstplan (also wann wer bei Julian ist) bereits Mitte des Vormonats feststeht und da wir den Tag ja ausnutzen wollten, brauchten wir einen verlängerten Tagdienst. Zum Glück hatte Fiona eingewilligt, uns zu begleiten. Da wussten wir ja alle noch nicht, dass es einer der heißesten Tage werden sollte. Den Tag vorher haben wir auch hin und her überlegt, ob wir es nun wagen sollten oder nicht. Letztendlich haben wir es versucht – gerade auch, weil der Safaripark ja nicht so weit weg ist und wir notfalls hätten wieder fahren können.

Die Fahrt hin und durch den Tierpark war richtig angenehm – dank des klimatisierten Bullis. Im Park selber hat Julian den Tag in Hemd und kurzer Hose verbracht. Außerdem hatten wir ihn regelmäßig mit einem nassen Waschlappen abgekühlt. Die absolute Wunderwaffe war unsere Sprühflasche – gefüllt mit Wasser hat sie den ganzen Tag über kühlenden Nebel verbreitet. Das hat auch alle anderen Teilnehmer gefreut. Bjarne war auch immer ganz eifrig dabei, die Sprühflasche regelmäßig wieder aufzufüllen. So konnte wir den Tag tatsächlich gut verbringen.

Julian war auch in diversen Karussells dabei: Riesenrutsche auf dem Teppich (OMG! Das fand ich wirklich megaaufregend – es gibt ja keine Chance anzuhalten, also heißt es los- und rutschen lassen. Julian fand es super), Flying Elefant (mit Tante Kirsten) und Balloon Race (mit Fiona). Die Westernshow mit den Bissons haben wir uns natürlich auch nicht entgehen lassen. Nach dem Mittagessen haben wir uns im Wasserpark schön abgekühlt. Danach ist Julian erstmal erschöpft auf der Liege eingeschlafen. Was gibt es im Sommer besseres als ein Nickerchen in Pampers auf der Poolliege? Zum Abschluss gab es noch die ruhige Kanalfahrt und eine Fahrt mit den Oldtimern. Julian ist ein wirklich heißer Fahrer – ständig wollte er von den Schienen fahren. 😉 (Ok – vielleicht habe ich etwas nachgeholfen – aber nur ein bisschen….).

Wir konnten tatsächlich den ganzen Tag im Park verbringen und Julian hat es super gut mitgebacht. Abends war er aber natürlich total k.o. und ist auch dann sehr fix eingeschlafen. Die Quittung gab es dann erst am nächsten Tag, weil er dann recht viel gespuckt hat und generell nicht gut drauf war. Solche Abenteuer sind für Julian immer sehr nachhaltig anstrengend. Im Grunde hat er die Tage danach mit Ausruhen verbracht. Da wir das ja mittlerweile wissen, planen wir an den nächsten Tagen einfach gar nichts. Ab und an ein Abenteuer tut ihm auch gut. Das merkt man. Und uns tut es auch einfach gut. Gerade Bjarne ist jedes Mal sehr begeistert, wenn Julian dabei ist. Er kümmert sich richtig toll um ihn und überlegt, auf welche Karussells er mit kann und diskutiert mit mir, wenn ich der Meinung bin, dass das ggf. nichts für Julian ist usw. Er ist wirklich ein richtig toller großer Bruder.

Wandertag

Die letzten Tage waren etwas zum Abgewöhnen: Julian hat wieder ziemlich viel gespuckt und wir wissen – wie so oft – nicht, woran es liegt. Ist es ein Infekt? Hat er Bauchschmerzen? Ist sein Magen aus unklaren Gründen gereizt? War es zu viel Essen? – Er bekommt ja immer die gleiche Menge. Andere Kinder essen in Abhängigkeit von der Tagesform sehr unterschiedlich viel. Bei ihm wissen wir das einfach nicht. – Ist es ihm zu warm? Julian mag die Wärme nicht so gerne. Er ist ein waschechtes Nordlicht und friert auch nicht so schnell. – Kam das Essen einfach raus, weil er so stark husten musste? Oder gab es einen Reiz beim Absaugen? Oder stresst ihn irgendwas? Oder ist er „nur bockig“? – Dann kommt das Essen auch schonmal retour. Oder oder oder. Wir kennen tatsächlich zig Gründe, warum er spuckt und jedes Mal rätseln wir aufs Neue und testen alles mögliche aus. Und irgendwann hört es dann einfach wieder auf. Aktuell sind wir aber noch in der „Spuckphase“. Gestern kam auch noch trockener Husten und etwas erhöhte Temperatur hinzu. Wir haben heute aber dennoch gemeinschaftlich mit seiner Aufpasserin beschlossen, dass ihm ein Ausflug in den Wald ihm (und uns) gut tut.

Ich hatte dann noch die spontane Idee, die Manduca auszutesten. Wir hatten das mal probiert als Julian wesentlich kleiner war. Da war es aber wegen seiner luxierten Hüfte und wegen der fehlenden Kopfkontrolle nicht wirklich entspannt. Ich habe ihn heute „Huckepack“ genommen. Da er seinen Kopf jetzt richtig gut halten kann, war das kein Problem mehr. Und er fand es auch richtig gut. Wir sind erst probeweise im Haus herumgelaufen und haben uns dann für einen Ausflug in den Haxtergrund entschieden. Ein größerer Jutebeutel musste für die Absauge mit Zubehör und Notfallset herhalten – noch nicht die optimale Lösung, aber das wird sich noch finden. Und los ging es. Tatsächlich quer durch den Wald über Trails, entlang des Steinbruchs runter und über eine Hängebrücke. Wir haben natürlich extra Wege ausgesucht, die man mit dem Rehabuggy nicht befahren kann und ich habe Julian die ganze Zeit zugetextet wie toll das ist. Es hat auch richtig super geklappt. Zwischendurch ist Julian sogar eingedöst. Von Spuckerei, Temperatur und Husten war im Wald keine Spur. Am Ende waren wir beide etwas verschwitzt und hochgradig zufrieden. Die ganze Aktion hat ihn auch so erledigt, dass er schon kurz vorm Abendessen eingeschlafen ist. Dank Ernährung über die PEG ist das ja unproblematisch bei ihm. 😉

Das war ganz sicher nicht das letzte Mal. Es ist soooo schön, dass wir wieder ein Stück Freiheit zurückerobert haben.

Julians ersten 6 km

Heute ist Julian quasi seine ersten 6 km gelaufen. 😅 Ok. Wir haben ein bisschen nachgeholfen… Um 15 Uhr habe ich mich mit Laufkumpel Jörg aus meiner Laufgruppe am Haxtergrund getroffen. Wir haben Julian in seinen Rehabuggy gesetzt, Absauge, Notfallset und Katheter verstaut – Jörg staunte nicht schlecht, was wir alles benötigen – und los ging’s. Im langsamen Tempo über die asphaltierten Straßen. Wir haben keinen speziellen Lauf-Buggy sondern sind mit dem normalen Buggy los. Insgesamt ging das ganz gut. Wir durften nur nicht zu schnell fahren, dann wackelte eins der vorderen Räder sehr wild. So richtig schnell wäre auch eh nicht drin gewesen – schließlich hat der Buggy mit Julian ordentlich Gewicht. Insgesamt war ich doch sehr positiv überrascht wie gut es geklappt hat. Zwischendurch haben wir zwei Mal angehalten, um Julian abzusaugen. Dank des Geruckels und der frischen Luft löste sich das Sekret. Julian hat auch einen Teil seiner Performance gezeigt und ist mit der Sauerstoffsättigung runter gegangen. Und zwischendurch ist mir noch die feuchte Nase auf die Straße gefallen – glücklicherweise hatten wir Ersatz dabei. Es war auch echt gut, dass wir zu zweit waren und Jörg hat prima assistiert. Ansonsten war Julian total zufrieden und hat den Ausflug genossen. Nach etwa 6 km waren wieder zurück am Auto. Das war auch gut – so langsam wurde es doch etwas zu kalt für Julian. Julians heutige Aufpasserin hat so lange rufbereit im Auto gewartet.

Insgesamt hat es also – trotz einiger Herausforderungen – tatsächlich prima geklappt und schreit nach Wiederholung. ♿️🏃🏼‍♀️

Julian im Café

Dienstags fahren wir mit Julian zur Bobath-Therapie. (Die Therapien, die wir so machen, erkläre ich mal demnächst noch). Da wird dann eh schon in der Stadt sind, machen wir meistens direkt irgendwelche Besorgungen mit – Flaschen, Mützen o.ä. Heute stand nichts weiter auf dem Programm und so sind wir anschließend ins Café gegangen.

Und Hurra: Julian verhielt sich fast wie ein normales Kind. Er hat einfach keine Lust dazu: Erst saß er in seinem Rehabuggy und hat dort mit den Füßen auf dem Trittbrett rumgetrampelt. Das kann mitunter schonmal echt laut und störend werden. Dann hat ihn Fiona (die heutige „Aufpasserin“) rausgenommen und auf den Schoß genommen. Das war dem Herrn aber auch nicht genehm. Er kasperte weiter rum und blieb nicht sitzen. Er versucht dann immer mit allen Mitteln vom Schoß zu rutschen. Auch ein Löffel meines Milchschaums hat ihn nicht interessiert. Er kann ja nicht schlucken, findet es aber oft genug interessant, einen anderen Geschmack Mund zu haben. Heute nicht. Ich habe dann auch noch mein Glück versucht und ihn zwischen meine Beine gesetzt. Das toleriert er manchmal, weil er dann fast alleine sitzt. Julian ist schließlich schon ein großer Junge! Heute hat das aber auch nicht gereicht. Das Gekaspere ging weiter und er hat es fast geschafft mit seinen Füßen meinen Cappuccino vom Tisch zu fegen. Diesen habe ich dann lieber fix ausgetrunken.

Wir haben schon besprochen, dass wir demnächst einen Gurt mitnehmen, um ihn alleine auf einen Stuhl setzen zu können. Doch auch dann müssen wir tierisch aufpassen. Julian schmeißt nämlich mit Vorliebe seinen Kopf nach vorne, hinten oder zur Seite und das in einer Geschwindigkeit, dass der blaue Fleck vorprogrammiert ist… Zurück in den Rehabuggy und auf dem Weg nach draußen, war dann wieder alles ok. Er hat geguckt und war zufrieden. 🤷🏼‍♀️ Ich sage ja, ein ganz normales Kind eben. ☺️