Julians Jahr 2020

Heute ist der optimale Tag für einen Jahresrückblick – ganz persönlich für Julian. Julian hatte in diesem Jahr ein paar echte Highlights erlebt. Aber lest selbst:

Das war ein wirklich aufregendes Jahr. Im Januar startete es damit, dass mein Team DAVID (mal wieder) neue Aufpasser für mich gesucht hat. Das hat auch zum Ende des Jahres hin gut geklappt und es sind neue Menschen in mein Team gekommen, die nun auch auf mich aufpassen. Manchmal finde ich es schon etwas anstrengend, wenn jemand neues dabei ist, der mich und die Abläufe noch nicht kennt. Aber eigentlich bin ich total neugierig, wie der neue Aufpasser ist und sie lernen mich auch schnell kennen. Mein Team behauptet immer, ich würde die neuen Aufpasser „testen“ – ich weiß gar nicht genau, was die damit meinen. Ich möchte ja bloß ausprobieren, ob sie das auch alles mit mir schaffen… Falls du übrigens jemand kennst, der eine Ausbildung als Pflegefachkraft (so heißt das wohl) hat, kannst du ihm gerne von mir erzählen. Er kann mich auch einfach mal besuchen kommen und ich gucke, ob es passen könnte. 😉

Im Februar und März waren plötzlich alle ganz aufgeregt. Ich weiß gar nicht, was los war. Ich war total glücklich jeden Tag in den Kindergarten zu gehen und dort meinen Spaß zu haben. Doch dann erzählten alle etwas von einem Virus aus China und dass man aufpassen müsste. Ich weiß gar nicht, was dieses China überhaupt ist. Und dann gab es plötzlich Probleme Handschuhe und Desinfektionsmittel zu bekommen – dabei ist das doch total wichtig für mich. Mama hat dafür einen langen Beitrag bei Facebook geschrieben und erklärt, warum das für mich so wichtig ist und warum man im Normalfall keine Handschuhe braucht und Desinfektionsmittel auch nur wenig. Der Beitrag hat so hohe Wellen geschlagen, dass sogar das Fernsehen da war. Aber da bin ich ja Profi. Ich war im letzten Jahr schon öfters im Fernsehen und so war der Auftritt natürlich ein Klacks für mich. Hier findet ihr den Beitrag: https://www.sat1nrw.de/aktuell/krankes-kind-braucht-desinfektionsmittel-201645

Daraufhin haben wir ganz viel Hilfe bekommen. Uns wurde Mundschutz, Desinfektionsmittel, Handschuhe und sogar faceshields gespendet. Wir hatten sogar so viel Desinfektionsmittel, dass wir es an andere Kinder, die so ähnlich sind wie ich, abgeben konnte. Das fand ich klasse.

Doof fand ich nur, dass ich dann plötzlich nicht mehr in den Kindergarten durfte und meine Aufpasser ganz oft den Mundschutz aufhatten. Das war vielleicht komisch. Aber Mama und Papa haben gesagt, dass das besser für mich und auch für meine Omas und Opas ist. Na gut – die werden es wohl wissen. Meine Omas und Opas sind dann auch gar nicht mehr gekommen. Dafür war mein großer Bruder jeden Tag zu Hause. Das fand ich super. Ich habe Papa auch fleißig beim Arbeiten geholfen.

Außerdem durfte ich schon mittags Fernsehen gucken! Manchmal haben Mama und Papa das vergessen (ich frage mich, wie man so etwas wichtiges vergessen kann), aber irgendwie hatten die so viel zu tun – haben was von Home-Office, Home-Schooling und Home-Kindergarding erzählt. Ich habe es nur halb verstanden. Aber egal. Wenn sie das Fernsehgucken vergessen habe, habe ich mich einfach unten an die Treppe gestellt und so lange mit meinen Füßen getrappelt bis einer runter kam.

Ende April habe ich mir und und allen anderen einen gehörigen Schreck eingejagt. Nachmittags war der nette Mann da, der immer meinen Rollstuhl repariert. Danach fuhr der wie verrückt und ich war total glücklich und bin durchs Haus geschossen. Leider war ich wohl etwas zu neugierig. Ich wollte mal um die Ecke hinter meiner Zimmertür fahren und gucken, was da ist. Aber da ging es gar nicht weiter und plötzlich rumpelte es – ich wusste gar nicht, wie mir geschah und schon lag ich unten im Keller. Puh – habe ich mich aufgeregt. Die Pflegekraft war noch aufgeregter und hat meinen Papa geholt. Der hat mich aus dem Keller nach oben geholt. Ich konnte mich kaum beruhigen. Dann ist noch Mama gekommen und die hat nur rumgebrüllt. Es ging alles so schnell und schon war der Krankenwagen da. Toll – ich mag überhaupt keine Krankenwägen und schon gar keine Krankenhäuser. Mir tat der Kopf etwas weh und ich hatte ein komisches Gefühl im Bauch, ansonsten fand ich aber, dass es mir gut geht. Naja – du weißt vermutlich wie Erwachsene so sind – die wollen immer alles ganz genau wissen. Zum Glück durfte ich auch nach ein paar Untersuchungen wieder nach Hause.

Mama und Papa und alle anderen sagen, dass ich wohl eine ganze Armada an Schutzengeln hatte. Ich habe gar keinen gesehen. Aber ich bin froh, dass mir nicht mehr weh tat. Die Narbe am Kopf sieht ehrlich gesagt sogar ziemlich cool aus. Hat was von einem Piraten. Nach dem Unfall waren alle ganz besorgt um mich. Mama wollte mich abends gar nicht mehr loslassen. Ok – ich war auch noch recht aufgeregt, so dass ich es mal wieder ganz schön fand auf ihrem Arm einzuschlafen.

Danach musste der nette Mann direkt wiederkommen und den Rollstuhl reparieren. Außerdem hat Papa ein Gitter vor die Kellertreppe gemacht. Wenn du mich fragst, war das überflüssig. Da fahre ich garantiert nicht mehr hin. So eine Aufregung.

Im Mai wurde es dann wieder richtig schön. Ich durfte zurück in den Kindergarten und habe dort die letzten Tage als Vorschulkind verbracht. Es haben alle wieder einen ganz schönen Bohei darum gemacht, dass ich ja bald Schulkind wäre. Ok – ich gebe zu. Ich war schon echt neugierig, was es mit der Schule auf sich hat. Mein Bruder geht da ja schon länger hin und wenn ich das richtig verstanden habe, kann er diese komischen Zeichen in den Büchern verstehen. Scheint also nicht das schlechteste zu sein.

Der Sommer war echt schön. Wir waren zwar nicht an dem großen Wasser und bei Orry und der tollen Musik, aber zu Hause war es auch schön. Nun durfte ich auch meine Omas und Opas wieder sehen, das war eigentlich das allerbeste. Und wir waren in einem Freizeitpark – das war cool. Da gab es ein Karussell, in das ich mit meinem ganzen Rollstuhl konnte. So aufregend.

Im August war es dann so weit. Mein allererster Schultag. Mensch, war ich aufgeregt und dann ist Papa noch so langsam gefahren. Ständig hat er angehalten und was von Ampeln erzählt. Hallo?? Ich fahre zur Schule und Papa meint ständig stehen bleiben zu müssen. Das verstehe ich nicht. Die Erwachsenen erzählen doch immer was von Priorität – und was kann wichtiger sein als mich in die Schule zu bringen?

Dort fand ich es richtig toll. Es gibt so viel Platz zum herumfahren und es waren ganz viele andere Kinder da. Einen kannte ich schon aus dem Kindergarten. Außerdem hat Mama einen Jungen gesehen, mit dem ich zusammen im Krankenhaus war. Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber Mama hat sich sehr gefreut die Mama von dem anderen Jungen wiederzusehen und sie haben gequatscht. Das können Erwachsene echt am besten oder?

Ab dem Tag bin ich jeden Tag mit dem Kinderbus zur Schule gefahren. Das macht echt Spaß. In der Schule war ich erst etwas verwirrt. Da haben wir doch glatt die gleichen Sachen gemacht wie im Kindergarten!! Und ich hatte gedacht, Schule ist anders. Zum Glück hat mein Papa mich verstanden, dass ich mehr lernen möchte. Außerdem bin ich einfach an dem Fenster stehen geblieben, wo die anderen Kinder lesen gelernt habe (das hatte ich schnell verstanden – lesen ist das mit den Zeichen im Buch!). Und so durfte ich dort mitmachen. Das fand ich toll. Ich kann schon ganz viele Buchstaben: M und U und I und A und auch Wörter daraus, z.B. MAMA. Es flippen alle immer voll aus, weil ich das kann. Ich weiß gar nicht warum. Natürlich kann ich das.

Leider muss ich in der Lesegruppe auch Mathe lernen. Das macht mir nicht so viel Spaß. Mein Bruder ist davon immer ganz begeistert. Ich weiß nicht so richtig, warum. Nunja. Vielleicht wird das ja noch interessanter.

Im September haben wir mit meinem Lieblingsverein – dem ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Ausflüge unternommen. Wir waren bei den Alpakas (sogar zwei Mal!) und ich habe Boule gespielt. Gut, dass Papa mir da geholfen hat. Die schwere Kugel hätte ich gar nicht halten können.

Außerdem hatte ich zwischendurch sogar zwei Aufpasser. Lara hat ganz tolle Sachen mit mir gemacht. Sie ist wohl eine Praktikantin oder wie das heißt. Ich fände es auf jeden Fall super, wenn sie auch mal ein Aufpasser bei mir wird.

Meinen 7. Geburtstag habe ich natürlich auch noch gefeiert. Leider war ich etwas krank und so war es keine wilde Party. Aber ehrlich gesagt mag ich wilde Partys eh nicht so gerne.

Außerdem hatten wir noch einen lustigen Nachmittag im Wald. Da war eine Frau mit einem riesengroßen Fotoapparat und lauter lustigen Sachen. Sie hat ganz viele Fotos von uns gemacht. Das war ziemlich spannend. Mama und Papa waren total begeistert. Ich finde aber auch, dass ich ganz gut getroffen bin:

Leider musste ich noch zwei Mal ins Krankenhaus. Einmal wurde ich am Ohr operiert. Ich gebe zu, dass das eigentlich ganz ok war, seitdem höre ich meine Tonies auch besser. Weißt du eigentlich, welches mein Lieblingstonie ist? Du brauchst eigentlich nur meine Aufpasser fragen. Die kennen den schon komplett auswendig. Ich achte auch darauf, dass ihn jeder regelmäßig zu hören bekommt.

Tja und dann hatte ich einmal eine etwas unglückliche Nacht. Ich habe mich im Bett herumgewälzt und plötzlich tat mein Arm voll weh. Puh! Da war wieder Aufregung angesagt und es ging ins Krankenhaus. Seitdem trage ich eine schicke Schiene und habe nun eine weitere Narbe am Arm, aber ihr wisst ja: Pirat und so. Das geht also schon in Ordnung.

Weihnachten war richtig schön. Es war auch nicht so trubelig wie sonst schonmal. Mich haben mein Cousin und meine Cousine besucht. Mensch, waren die Kleinen aufgeregt. Ich habe es mir nicht so anmerken lassen – schließlich bin ich ja schon älter. Ich war allerdings richtig begeistert, weil ich etwas richtig tolles geschenkt bekommen habe. Meine eigene Schaukel:

Und so kann ich mit Schwung ins neue Jahr schaukeln. Ich wünsche dir ein richtig tolles Jahr 2021 mit vielen schönen Erlebnissen.

P.S. Ich werde keine Narben mehr sammeln – versprochen!

Julians „Erwachen“

Das ist vielleicht eine etwas seltsam anmutende Überschrift – dennoch scheint genau das gerade Julians Gemütszustand zu beschreiben.

Julian ist nun 5,5 Jahre alt und er ist ja bereits sein Leben lang schwerstbehindert. Schnell ist man bei „Er kennt es ja nicht anders“. Dennoch haben wir aktuell das Gefühl, dass er so langsam versteht, dass er tatsächlich ziemlich anders als andere Kinder ist.

In den letzten Wochen war er oft sehr still und wusste nicht so richtig was mit sich anzufangen. Er fuhr mit dem Rolli etwas lustlos im Wohnzimmer herum und stand auch oft vor der Treppe nach oben. Er weiß ja, dass sein großer Bruder Bjarne sein Zimmer oben hat und wir jeden Tag viele Mal die Treppe rauf und runter laufen.

Gestern waren wir mit Bjarnes Basketballfreunden zum Essen verabredet. Julian war auch dabei. Ohne erkennbaren Grund fing er an zu spucken und dann rollten auch die Tränen. Das war richtig traurig.

Wir vermuten, dass ihm bei den vielen spielenden Kindern dort mal wieder klar geworden ist, dass er das nicht so kann und stattdessen im Rehabuggy sitzt. Wir vermuten das allerdings nur – Fragen können wir ihn ja nicht. (Der HSV hat ja gestern auch verloren und als echter Hamburger Jung kann einem das natürlich auch in Paderborn traurig stimmen. ;-))

Es würde aber tatsächlich viel dazu passen, da er aktuell oft nicht weiß, wohin mit sich. Und da wir vermuten, dass er geistig eine Menge mitbekommt und er auch einiges versteht, klingt das nur logisch.

Wir werden ihn durch diese Zeit nun auch begleiten. Seine „Aufpasser“ sind diesbezüglich ja zum Glück sehr sensibel. Wir werden ihn erstmal viel in dem stärken, was er gut kann. Das ist beispielsweise Klavier spielen. Julian spielt wirklich mit einer unglaublichen Ausdauer auf dem Keyboard. Gestern war es wieder eine ganze Stunde lang. Witzigerweise klingt das ganze auch recht harmonisch und im Rhythmus. Er trifft zwar keine einzelnen Tasten, dennoch spielt er in einem gewissen Rhythmus (ich habe gezählt – es waren mal 8 und mal 6 Schläge bevor eine Pause oder ein anderer Ton kam). Und da loben und bestärken wir ihn sehr drin.

Außerdem wird er ab dem Sommer in eine KITA kommen, in der er noch mehr besondere Kinder treffen wird. Wir denken, dass es ihm sehr gut tun wird, wenn er regelmäßig sieht, dass es auch andere Kinder wie ihn gibt. Und dadurch, dass er aufgrund des Rollis mobil ist, kann er ja sogar mehr als manche andere Kinder. Wir sind gespannt, wie er auf die neue Situation reagieren wird.

In jedem Fall steht aktuell wieder ein neuer spannender Entwicklungsschritt bevor – und das wiederum ist bei jedem anderen Kind auch so – damit also doch wieder nicht so besonders. 🙂

 

Schule, Kindergarten und Talker

Heute war ein großer Tag für Julian und eigentlich sogar für beide Kinder.

Als erstes haben wir den großen Bruder bei der weiterführenden Schule angemeldet. Im Sommer geht es für ihn aufs Goerdeler-Gymnasium in Paderborn.

Anschließend sind wir mit Julian zum St. Christophorus Kindergarten nach Sennelager gefahren. In diesen Kindergarten gehen Kinder mit und ohne Behinderungen. Wir hatten im vergangenen Jahr schon einmal überlegt, damit zu starten, aber letztendlich festgestellt, dass es noch zu früh. Julian ist sehr schnell angestrengt, wenn es zu laut und trubelig wird. So langsam merken wir aber, dass es besser wird und – eher noch – dass es ihm zu Hause zu langweilig wird. Also geht es auf zum nächsten großen Schritt.

Der Kindergarten hat uns sehr gut gefallen und alle, die dort waren, schwärmen davon. Die Kinder sind in gemischten Gruppen und auch schwerst mehrfach behinderte Kinder können dort aufgenommen werden – damit auch Julian. Es gibt Therapien von Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden und natürlich auch sämtliche Möglichkeiten eines Kindergartens inklusive eines Malraums, wo die Kinder sich auf großen Plakaten, die an der Wand hängen, austoben können.

Julian ist mit seinem Rolli durch den Trubel gefahren und man konnte ihm richtig ansehen, wie fasziniert er davon war. Wir können uns also sehr gut vorstellen, dass er sich dort wohlfühlen wird. Die Anmeldung haben wir schon ausgefüllt und jetzt heißt es Daumen drücken, dass alles glatt läuft und er dort ab Sommer hingehen kann. So hat er noch ein volles Jahr Kindergarten, bevor es für ihn nächstes Jahr dann ebenfalls in die Schule geht. Für den Kindergarten gibt es auch einen Fahrdienst, so dass Julian direkt von zu Hause abgeholt und nachmittags wiedergebracht wird. Das klingt insgesamt alles sehr gut und so hoffen wir sehr, dass es klappt.

Damit waren die Spannungen des Tages aber noch nicht beendet: Mittags kam die Beraterin von RehaVista. Wir haben eine Genehmigung für einen Talker erhalten. Mit Hilfe des Gerätes kann Julian kommunizieren lernen. Aktuell kommuniziert er ja nonverbal durch diverse Körperbewegungen – die sind – gerade bei komplexeren – Themen nicht immer eindeutig, so dass das Kommunikationsdefizit immer mehr zu einer Herausforderung wird. Teilweise äußert er seinen Unmut und wir wissen einfach nicht, was er uns mitteilen möchten. Dadurch ist er natürlich frustriert und wir auch. Es zerrt tatsächlich sehr an den Nerven.

 

Somit erhoffen wir uns natürlich eine Menge von seinem Talker. Wir haben ihn zunächst ganz einfach eingestellt: es gibt genau vier Tasten – mit einer kann er Hallo sagen und mit den anderen drei kann er mitteilen, was er möchte. Gesteuert wird das ganze über die roten und blauen Buttons. Mit dem roten wählt er eins der Bilder aus und mit der blauen kann er die Sprache auslösen, so dass eine Kinderstimme z.B.  sagt „Hallo. Wie geht es dir?“. Damit werden wir nun fleißig üben. Im ersten Schritt geht es erstmal nur darum, dass wir darauf reagieren – also bei der Frage oben antworten, wie es uns geht. Und bei den Anweisungen natürlich ebenfalls darauf reagieren.

Das wäre wirklich ein riesen-, riesengroßer Schritt für ihn und für uns. Alle, die Kinder haben, kennen die nonverbale Phase bei den eigenen Kindern in den ersten 1 bis maximal 2 Jahren. Ab da können sich die meisten Kinder ja schon echt gut ausdrücken. Bei Julian hält diese Phase nun schon 5,5 Jahre an und aktuell ist da noch kein Ende in Sicht. Also heißt es nun, fleißig mit Julian üben. Es wäre ein echter Traum, mit Julian richtig zu kommunizieren. Also heißt es auch hier: Daumen drücken.

Den Talker können wir komplett selber konfigurieren. Neben der einfachen Steuerung über die Bilder, können natürlich auch komplexere Themen eingebaut werden. Mit verschiedenen Ebenen, Seiten, Einbindung von Bildern, Musik, Text und natürlich bis klassisch zum Alphabet hin, sind noch sehr, sehr viele Möglichkeiten gegeben. Besondere Freude wird es beiden Kindern bereiten, dass das Gerät W-Lan hat und sie ab sofort die abendlichen Videos auf Julians Gerät schauen können.  

Das nun als kleines Update von uns. Wir geloben Besserung mal wieder häufiger etwas von uns hören zu lassen. Wir waren zum einen mit der Petition und vor allem aber auch mit den Auswirkungen des Pflegenotstands beschäftigt. Gerade in den Monaten Januar und Februar haben wir hohe bis sehr hohe Krankenstände bei unseren Mitarbeitern. Wir versuchen alles möglich zu machen, aber ab und an fällt dann doch ein Dienst aus, weil wir ihn nicht abdecken können. Und dann sind natürlich die Eltern gefordert. Auch bei Julian sind wir nicht davor geschützt, so dass wir die ein oder andere Schicht alleine gemacht haben. Wer hier unterstützen möchte und es noch nicht getan hat, kann gerne unsere Petition unterschreiben und verteilen: www.openpetition.de/!kinderhilfe.

Marienkäfer und Spielen in der Kinderküche

Als ich Julian heute vom Kindergarten abgeholt habe, erzählte mir die Erzieherin, dass Julian heute im der Kinderküche gesessen und gespielt hat. Für ein Kindergartenkind ist das nun keine große Sache und bei meinem großen Sohn zum Beispiel hätte ich diese nebensächliche Bemerkung auch fast direkt wieder vergessen. Nicht so bei Julian und ich habe auch echt geschluckt. Ich meinte dann zu ihr: „Wenn mir das jemand vor einem Jahr gesagt hätte, den hätte ich für verrückt erklärt“: Erstmal ist es toll, dass Julian einfach mal einen Moment hat, wo er Kind ist. Keine Therapien, kein Absaugen, kein Inhalieren, nix. Einfach da sein und Spielen. Dann ist es total erstaunlich, dass er sitzen kann. Das war vor einem Jahr noch nahezu undenkbar. Er braucht noch etwas Stabilität – zum Beispiel im Rücken oder an der Hüfte, aber insgesamt hält er sich schon total gut alleine. Und schließlich ist es grandios, dass er einfach in die Kita geht und andere Kinder um sich hat, die mit ihm spielen. Da sah auch lange Zeit gar nicht danach aus. 

Die Erzieherin meinte auch, dass es so bereichernd ist, dass Julian da ist. Durch ihn lernt man wieder Demut gegenüber dem eigenen Leben und den eigenen Fähigkeiten zu fühlen. Bei Julian ist vieles einfach nicht selbstverständlich: Essen, schlucken, laufen, sprechen,… All das kann er nicht. Und trotzdem ist er seine eigene kleine Persönlichkeit mit Launen und Eigenschaften, der Menschen berühren kann. ❤️

Zum Abschluss gab es für alle Kinder einen Marienkäfer auf die Hand – natürlich auch für Julian. 🐞 Ein wunderbarer Abschluss für diesen tollen Tag. 

Julian – der Frauenschwarm

Julian geht Donnerstag vormittags in den Kindergarten. Er ist jedes Mal so begeistert davon, dass wir ihm abends schon gar nicht mehr erzählen dürfen, dass es am nächsten Morgen wieder hin geht. Letzte Woche hat er dadurch nachts kaum geschlafen. Die Aufregung hat sich aber gelohnt. Kaum war Julian im Gebäude stürzte sich schon das erste Mädel auf ihn und berichtete freudestrahlend ihrer Mutter, dass heute der andere Julian wieder da wäre. Es gibt noch einen zweiten Julian. In der Gruppe angekommen, kam auch schon das nächste Mädchen angestürmt. Und so umringt, prasselten einen Haufen Fragen auf Julians Aufpasserin ein. Sie wollten alles ganz genau wissen, wofür die Schläuche sind und ob es richtig ist, dass er direkt durch den Hals atmet usw. Und der kleine Charmeur genießt die Aufmerksamkeit. 😊

Es ist wirklich schön, dass Julian diese Möglichkeit hat. Es ist tatsächlich für beide Seiten sehr bereichernd. 

Julian ist ein bisschen Kindergartenkind

Ja, tatsächlich! Es ist so weit. Pünktlich zu seinem 3. Geburtstag – schließlich ist Julian jetzt ein großer Junge! Wir haben schon bei Bjarne immer gesagt, dass 3 die kleine Volljährigkeit ist. Viel Spielsachen sind nichts für Kinder unter 3, somit scheint das eine magische Grenze zu sein. Und diese magische Grenze haben wir mit dem Start in den Kindergarten gefeiert.

Streng genommen ist es erstmal nur einen Tag in der Woche für die nächste Zeit zur Probe. Aber egal. Wie immer ist es genau „das, was du daraus machst“. Also ist es für Julian und uns der Start in den Kindergarten!

Julian wird natürlich von einer Pflegekraft begleitet. Somit sind wir letzte Woche Donnerstag mit Sack und Pack (sprich Absauge, Kathetern, Notfallset und allem sonstigen Kram) losgefahren. Bjarne war auch mit dabei und natürlich entsprechend aufgeregt. Doch nicht nur der große Bruder – auch Julian war megaaufgeregt. Man könnte ja meinen, dass er gar nicht so viel mitbekommt. Pustekuchen! Auf der ganzen Fahrt schnaufte er vor sich hin. Ehrlich gesagt hatte ich schon die Sorge, dass er nicht genug Luft bekommt oder er sonst ein Problem hat und wir direkt wieder nach Hause fahren. Die Rechnung habe ich aber ohne Julian gemacht. Am Kindergarten angekommen, haben wir uns Julian und seine sämtlichen Sachen geschnappt und sind rein. Die Erzieher erwarteten uns schon gespannt. Wir haben Julian auf ein gemütliches niedriges Sofa gelegt und siehe da: Das Kind war total zufrieden! Er war einfach nur aufgeregt und hat sich offensichtlich total gefreut. Ich habe noch kurz mit den Erziehern gesprochen und mich von Julian verabschiedet. Unsere Pflegekraft wünschte mir noch einen schönen Tag alleine zu Hause. 😉 Nachdem ich Bjarne auch in die Ferienbetreuung gebracht hatte, bin ich also alleine zurück! UAAAAAHHHHH! Das war echt komisch! Es ist verrückt. Wenn Julian spazieren geht und/oder bei Oma und Opa ist, bin ich ja auch mal alleine zu Hause. Es fühlte sich aber soooo anders an. Jetzt wird unser kleine Junge tatsächlich groß.

Er hat den Vormittag auch richtig gut mitgemacht. Erst wird in der Gruppe gespielt. Es gibt zum Beispiel einen großen Korb mit kleinen Musikinstrument und Julian liebt Musik. Vor dem Rausgehen sitzen alle Kinder im Kreis und es wird gesungen. Und Julian mittendrin! Seine Begleitung musste ihm die ganze Zeit sein Auge aufhalten (er schafft das alleine nicht bzw. nur, wenn er ein Kissen o.ä. zur Unterstützung nimmt) und er hat sich alle Kinder ganz genau angeschaut. Als wollte er erstmal checken, mit wem er es so zu tun hatte. Ich konnte es mir anhand der Erzählungen bildlich vorstellen. Julian ist der totale Checker. 🙂 Draußen war er erst im Kinderwagen – das passte ihm aber gar nicht. Er wollte im Sand liegen – genau so wie alle anderen Kinder auch. Kein Problem. Dank Matschhose und Regenjacke konnte er im Sand liegen und war glücklich.

Als ich um kurz nach 12 kam, um ihn wieder abzuholen, schlief er tief und fest. So ein Kindergartentag ist schließlich ganz schön anstrengend. Es ist so schön, dass es ihm so gut gefallen hat.

Morgen ist der nächste Probetag. Dazu gab es heute noch eine witzige Situation: Wir saßen alle zusammen beim Mittagessen und Julian in seinem Therapiestuhl dabei. Er war noch ein bisschen müde und träumte vor sich hin. Philipp fragte mich, was morgen so ansteht. Ich fing an zu erzählen und sagte u.a., dass Julian morgen wieder in den Kindergarten geht. Plötzlich war der junge Herr hellwach, streckte seinen Kopf hoch, zog sich sein Auge an der Kopfstütze auf und wippte mit den Beinen. Wirklich – so süß. Er mag den Kindergarten wirklich gerne. Mal schauen, wie wir das zukünftig handhaben.

Und wieder haben wir einen großen Schritt geschafft, den wir erst gar nicht für möglich gehalten hätten.

 

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