10.02. Tag der Kinderhospizarbeit

Auch wir sind verbunden mit der Kinderhospizarbeit!
Der 10. Februar ist der Tag der Kinderhospizarbeit. Symbol ist das grüne Band. Es soll Aufmerksamkeit schaffen für die wertvolle und wichtige Arbeit des Kinder- und Jugendhospizdienstes.

Hospiz?

Hospiz = Einrichtung zur Sterbebegleitung – soviel weiß Wikipedia.
Dann noch mit Kindern?! Klingt furchtbar!

Hätten wir denken können. Haben wir aber gar nicht. Ich weiß gar nicht so ganz genau, warum nicht. Natürlich haben wir einen Sohn der lebensverkürzend erkrankt ist – so die korrekte Bezeichnung. Das heißt, dass er früh sterben könnte. Uns ist allerdings sehr hart gesagt worden, dass Julian “seinen 2. Geburtstag nicht erleben“ werde. Das war, als er 2 Wochen alt war. Da waren wir am Boden zerstört und haben gebraucht, um uns davon wieder zu erholen und damit zu leben. Vielleicht auch etwas anders zu leben. An manchen Stellen etwas bewusster …?!

Julian hat den Arzt eines besseren belehrt – er hat nicht nur seinen 2. Geburtstag gefeiert, sondern auch seinen 3., 4., 5., 6., 7. und 8. Geburtstag!

Und in seinem Leben wird er nun begleitet. Von Earnie. Earnie arbeitet als Ehrenamtlicher Familienbegleiter beim Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Paderborn-Höxter: https://www.deutscher-kinderhospizverein.de/kinder-und-jugendhospizdienste/paderborn-hoexter/ . So kam er zu Julian und Julian zu ihm. Die beiden verbindet ein Hobby: Die Musik! Montags weiß Julian genau: Earnie-Tag. Nach der Schule fährt er aufgeregt auf und ab, spielt schon mal Keyboard und um viertel vor 3 fährt er zur Haustür – gucken, ob Earnie endlich kommt. Wenn es endlich soweit ist, machen die beiden zusammen Musik. Ihre ganz eigene. Julian spielt leidenschaftlich Keyboard. Eher mit der ganzen Faust als mit einzelnen Fingern. Er hat ein gutes Rhythmusgefühl. Wir können ihm gut zuhören. Und man kann seine Laune deutlich an seinem Spiel ablesen ;-).

Earnie nimmt Julians Impulse auf, macht ein Thema aus seinem Spiel und begleitet. Oder Earnie spielt einen Song auf der Gitarre oder dem Keyboard und Julian stimmt mit ein. Die beiden verstehen sich prima. Und sie sind zusammen in ihrer eigenen Welt.

Wenn Earnie dann gehen muss, bringt Julian ihn zur Tür und winkt. Und dann fährt er manchmal zum Foto von Earnie und sieht es sich lange an. Und freut sich auf den nächsten Montag.

Und das ist dann Sterbebegleitung?! Nicht so richtig. Der Kinder- und Jugendhospizdienst sagt immer: “Wir begleiten im Leben“ und das trifft es wohl eher.

Dem Kinder- und Jugendhospizdienst sind wir auf jeden Fall dankbar. Für viele tolle Aktionen und Ausflüge. Für tolle Erlebnisse und Begegnungen. So haben wir dort beispielsweise Holger kennen gelernt. Holger ist auch Ehrenamtlicher dort. Holger macht aber auch den Podcast des Kinder- und Jugendhospizdienstes Paderborn-Höxter: Der Begleiter. Bei dem wir schon zwei Mal zu Gast sein durften:

Aber auch das Beschäftigen mit unserer Sterblichkeit ist wertvoll. Und darüber hat Kathrin schon ein Buch geschrieben:

Im W-IN-FLOW Shop gibt es das Buch sogar mit persönlicher Widmung: https://w-in-flow.de/produkt/buch-mit-persoenlicher-widmung-lebe-deine-sterblichkeit/

Denn Sterblichkeit hat eine Menge mit dem Leben zu tun.

Endlichkeit macht Momente wertvoll!

😉

Begegnung mit Menschen und ein Lob von Google

Kathrin hatte über unsere Inklusions-Erfahrungen im Urlaub berichtet: Inklusion? – Inklusion! | Leben mit einem besonderen Kind (wordpress.com):
Aber wie läuft generell Begegnung mit Menschen als Familie mit einem behinderten Kind?

  1. Negativ-Erfahrungen sind selten
    Uns fällt wirklich auf, dass Julian und uns ganz oft sehr positiv begegnet wird. Julian ist ein recht neugieriger kleiner Entdecker: Wenn wir in einem Café sind, liebt er es schon mal rumzufahren und andere Leute anzusehen. Die meisten reagieren total offen, sprechen ihn eher an und halten uns auf, wenn wir Julian mal wieder einfangen (auch andere Kinder würde man ja nicht an „fremden Tischen“ die Privatsphäre zu stark stören lassen). Was immer hilft: Anderen offen begegnen und vom Guten ausgehen.

  2. Normen geben Sicherheit – fehlen sie, hilft kommunizieren
    Natürlich ist der Umgang mit behinderten Menschen immer von einer gewissen Unsicherheit geprägt. Viele Normen, die mir sonst im Umgang mit anderen Menschen Sicherheit geben, werden vielleicht von meinem behinderten Gegenüber nicht erfüllt. Ein Beispiel ist ein Mensch mit Down-Syndrom, der mich als Fremden direkt umarmt. Das ist nicht das Verhalten, was ich gesellschaftlich gewohnt bin. Vielleicht will ich das nicht… Vielleicht bin ich mit der Situation überfordert…
    Auch das „Schau da nicht so hin“ von Eltern an ihre interessierten Kinder ist letztlich eigene Unsicherheit und vermeintliche Rücksichtnahme.
    Rational ist diese Unsicherheit unbegründet, aber wir machen gute Erfahrungen damit, aktiv mit dieser Unsicherheit umzugehen.
    Beispielsweise erklären wir fremden Menschen Julians Kommunikation ohne nur über Julian zu sprechen. Sofort ist die Unsicherheit viel geringer und viele Menschen, denen wir begegnen lassen sich auf Kommunikation mit Julian ein. Wir lassen aber auch gerne los, wenn wir keine Brücke bauen müssen. Das kommt nicht selten vor. Julian hat auch Recht auf seine eigenen Begegnungen, Kontakte und Erfahrungen.
    Wir haben es da aber auch einfach. Julian hat irgendwie eine besondere Art, dass Menschen ihn schnell in Herz schließen.

  3. Wir bleiben nicht alleine am Kai zurück …
    Wenn wir so negative Erfahrungen wie mit dem Kapitän des Ostsee-Schiffes (Blogeintrag siehe oben) machen, können wir das nicht akzeptieren. Was wir direkt auf dem Weg vom Kai gemacht?
    – Bei der Reederei beschwert
    – Zwei Behinderten-Beauftragte angerufen
    – Die o.a. Google-Bewertung geschrieben
    Wir sagen damit aus: Dieses Verhalten ist nicht in Ordnung für uns. Das sagen wir uns. Das sagen wir unseren Kindern. Und das sagen wir Weiteren. Und ganz viele sagen uns dann: Stimmt, das ist nicht in Ordnung – so wollen wir auch nicht zusammen leben! Zuletzt die Bürgermeisterin der anliegenden Gemeinde, die Kathrin aufgrund des Artikels geschrieben hat. Naja, und nun wollten 500 Leute diese Google Rezession lesen: https://goo.gl/maps/v5ZHrafyswNC4HXH8 .
    Das ist eine wichtige Erfahrung: Wir standen alleine am Kai als das Schiff weg fuhr. Aber wir sind nicht alleine mit dem Standpunkt, dass das nicht in Ordnung war. Das macht es viel einfacher!

Danke allen dafür!

Ein verabschiedeter Traum wird wahr: Vater und Söhne schaffen es auf Gipfel

Der Paderborner Philipp Wibbing wollte mit seinen Söhnen Berge besteigen. Aufgrund der Behinderung des Jüngsten sei das unmöglich, denkt er. Seine Freunde sehen das jedoch anders.

von Julia Lichtnecker, Neue Westfälische vom 30.12.2021: Ein verabschiedeter Traum wird wahr: Vater und Söhne schaffen es auf Gipfel | nw.de (mit freundlicher Genehmigung der Neue Westfälische )

Paderborn. Es sollte um seinen Sohn Julian gehen, um das Leben als Elternteil eines schwerst-mehrfach-behinderten Kindes und auch um die Gründung eines besonderen Pflegedienstes, von denen es nur sehr wenige gibt. Über all diese Dinge sprach Philipp Wibbing in der zweiten Episode des Podcasts „Der Begleiter“, dem Audioformat des Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Paderborn-Höxter. Dass sich nur wenige Monate später aufgrund des aufgezeichneten Gesprächs ein Traum erfüllen würde, damit hatte Wibbing nicht gerechnet.

Doch von Anfang an: Im Oktober 2013 sind Philipp Wibbing und seine Frau Kathrin zu Gast auf einer Hochzeit, etwa zehn Wochen vor dem errechneten Geburtstermin. In der Nacht platzt die Fruchtblase. Noch in der Nacht kommt Julian mit einem Not-Kaiserschnitt als zweiter Sohn der Familie zur Welt. Schnell ist klar: Julian, der sich kaum bewegt und nicht atmet, muss auf die Intensivstation. Dort bleibt er zehn Wochen, bis er im März wird er mit einem Blaulicht-Transport nach Paderborn verlegt wird.

Zu dem Zeitpunkt ist schon klar, dass Julian intensive Betreuung braucht. Zuhause bauen die Wibbings eine kleine Intensivstation nach, damit Julian nach Hause kann. Ihr Sohn muss rund um die Uhr professionell versorgt werden, an jedem Tag der Woche. Ein Umfang, den kaum ein Pflegedienst abdecken kann.

Mit eigenen Erfahrungen Pflegedienst gegründet

„Aus dem Schmerz heraus“, so erzählt Wibbing, habe er mit seiner Frau Anfang 2015 dann Team David gegründet. Hinter dem Namen verbirgt sich ein Pflegedienst, der sich auf die Intensivpflege von Kindern spezialisiert hat. Inzwischen habe Team David elf Kinder in ganz OWL in der Versorgung, die von insgesamt 37 Mitarbeitern betreut werden. Der Bedarf an solchen Angeboten sei allerdings weitaus höher.

In der Podcast-Episode, die dann Anfang Mai erscheint, berichtet der Vater über all das. Und erwähnt auch, dass er sich von einigen Dingen innerlich verabschieden musste, die er sich für sein Leben vorgestellt hatte. Eine dieser Sachen sei eine alpine Bergbesteigung mit seinen Kindern. Und dabei das Bild, wie er mit seinen zwei Söhnen am Gipfelkreuz steht. „Das habe ich selbst auch mit meinem Vater gemacht“, sagt Wibbing.

Als ein Freund des 45-Jährigen kurz darauf den Podcast hört, steht für ihn fest: Das bekommen wir hin. Über Monate plant eine Gruppe von Freunden und Bekannten den Ausflug, der eine Bergbesteigung möglich machen soll. Auch seine Frau Kathrin ist eingeweiht und unterstützt das Vorhaben. „Für den Aufstieg brauchten wir nämlich einen Gelände-Buggy, der erst noch besorgt werden musste“, sagt Wibbing. Denn auch wenn Julian doch einiges könne – eigenständig Laufen funktioniert nicht.

Freunde wollen dem Vater einen Traum erfüllen

Am 10. Oktober ist es dann so weit. Es ist Sonntag, die Sonne strahlt vom Himmel. Wibbing wird zuhause von sechs Freunden überrascht. Wohin es gehen soll, weiß er nicht. Julian und sein zwölfjähriger Bruder Bjarne sollen aber mitkommen. Als die Gruppe in Willingen ankommt, ahnt der zweifache Vater noch nichts. „Erst, als mein Kumpel sagte: ‚Es gab doch mal einen Podcast…‘, wusste ich, was das werden soll.“

Auch, wenn der 837 Meter hohe Ettelsberg in Willingen nicht einem alpinen, schneebedeckten Gipfel gleichkommt: „Ich war beeindruckt von dem Aufwand, den sich meine Freunde gemacht haben. Und spätestens nach den ersten 400 Metern wurde es dann auch schweißtreibend“, sagt Wibbing und lacht. Der Ettelsberg sei also doch mehr Berg, als er noch unten gedacht hatte.

Nach anderthalb Stunden und abwechselndem Schieben des Buggys kommt die Gruppe oben an. „Als ich den Wasserspeicher oben gesehen habe, wurde mir klar: Wir sind jetzt oben. Und dann habe ich entdeckt, dass es sogar ein Gipfelkreuz gibt.“

„Alle waren einen Moment still“

Das Erreichen des Kreuzes ist ein besonderer Moment. „Alle waren ergriffen und einen Moment still“, erinnert sich Wibbing. „Ich habe Julian dann aus dem Wagen genommen.“ Die letzten paar Meter ist der Achtjährige dann mit Unterstützung zum Gipfelkreuz gelaufen. „Dort angekommen, haben beide Söhne ihren Kopf angelehnt und ich habe gemerkt, dass beide emotional ergriffen waren.“

Und auch für Wibbing erfüllt sich in diesem Moment ein Traum, wenn auch anders als vorgestellt. „Die Bergbesteigung war für mich das zentrale Bild von dem, was nicht geht. Da oben zu stehen, das ist das absolute Gegenbild dazu. Es geht also doch – in der Gemeinschaft, mit Unterstützung von anderen.“

Seinen Freunden ist der Paderborner „total dankbar“, dass sie ihm eine Tour bis zum Gipfelkreuz ermöglicht haben. „Das hat zwei Aspekte für mich: Zum einen haben sie das mitbekommen und dann von sich aus Zeit und Aufwand investiert, um mir einen Traum zu ermöglichen“, sagt Wibbing.

Zum anderen sei ein so guter Freundes- und Bekanntenkreis nicht selbstverständlich. „Viele Familien mit lebensverkürzt erkrankten Kindern haben nur wenige Kontakte, weil sie stark eingespannt sind oder sich schämen.“ Das treffe auf die Wibbings nicht zu: „Unsere Freunde sind trotz unseres Schicksalsschlags weiter für uns da – und auch Julian ist ein ganz normaler Teil der Gruppe.“

Julians 7. Geburtstag

Heute ist Julian 7 Jahre alt geworden! Er hatte einen aufregenden Tag – erst haben wir ihm natürlich gratuliert und ein erstes Geschenk ausgepackt. Von der schon traditionellen Happy-Birthday-Girlande im Wohnzimmer hing eine Luftschlange. Julian fand es super, sich um diese herum mit dem Rollstuhl im Kreis zu drehen. Dann hat er zur Geburtstagsmusik auch noch Klavier gespielt – mit vollem Elan.

Davon konnte er sich zwar kaum trennen, aber die Aussicht auf Schule zog. Wie immer kam der Bus, ihn pünktlich abholen. In der Schule drehte sich der Tag wohl auch viel um Julian. Die anderen Kinder haben für ihn gesungen und durften ihm dann jeweils mit einer eigenen Kerze einen guten Wunsch schenken. Das war wohl sehr schön. Die Liboriusschule und seine Lehrer sind eh sehr engagiert und Julian geht generell sehr gerne in die Schule.

Das war aber alles schon sehr aufregend für ihn. Entsprechend brauchte er vor dem ersten Geburtstags-Kaffeetrinken mit Oma und Opa und seiner Tante erst mal eine Pause. Er war dann auch noch mal dabei und hat einige Geschenke ausgepackt. Den Rest wird er wohl die kommenden Tage immer wieder mal auspacken. Ich denke, er hat sich sehr über die Geschenke bisher gefreut. Tatsächlich hat er wirklich viele Geschenke bekommen – von den Pflegefachkräften, die sich alle wieder sehr viele Gedanken gemacht haben.

Bei einem seiner neuen Tonies (er hat sich den Grüffelo ausgesucht) ist er eben zufrieden eingeschlafen.

Schon Wahnsinn – an solchen Tagen wie heute – an seinem Geburtstag – denkt man dann schon mal wieder über Julians Entwicklung nach. Der Arzt damals in Hamburg hat gesagt: Das mit dem zweiten Geburtstag wird nichts. Jetzt ist er sieben, will auf jedes Handy-Display gucken, liebt seinen Spielwürfel, spielt stundenlang Keyboard, fährt mit dem Rollstuhl rum, sucht sich manchmal tagelang immer denselben Tonie aus, geht in die Schule und will Buchstaben und Zahlen lernen, überraschte uns damit, plötzlich alle Farben zu kennen, kann sich verbal gar nicht äußern, aber allen seinen Willen klar machen, ist oft genug stur, zeigt viel Ausdauer und Ehrgeiz, wenn er etwas wirklich will und verfügt über eine starke Persönlichkeit. Irgendwie gewinnt er immer Menschen. Er hat so viele Menschen um sich, für die er was ganz besonderes ist. Das ist schon eine Wahnsinns-Entwicklung.
Er ist schon momentan manchmal ein Sturkopf und will mit dem Kopf durch die Wand, aber wenn er abends dann angefahren kommt, weil er noch mal auf den Arm möchte, sich Mühe gibt (mit Hilfe) aufzustehen und seinen Kopf an meine Schulter schmiegt, ist doch wieder alles vergessen. Natürlich ist mit ihm alles anders und dabei ist er ganz besonders.
Wir haben ihn sehr lieb.

Tja, was ist es wohl …?!

Eltern kennen das: um (insbesondere das erste) Baby tanzt man noch häufig herum. Es scheint ihm irgendwie nicht gut zu gehen, aber was genau hat es denn nun? Müde? Hunger? Schmerzen? Und wenn Schmerzen: dann wo genau? Was ist die Ursache?

Nun ist die normale Entwicklung und dass sich dieser Zustand normalerweise rasch ändert, schon eine dankbare Entwicklung. Bereits der einjährige Nachwuchs zeigt zielsicher mit dem Finger auf ein Körperteil mit dem Kommentar: „Aua!“. Das hilft ja schon mal weiter. Natürlich hebt alsbald auch die gezielte Fehlinformation an: „Nein! Ich bin überhaupt nicht müde.“.

Was aber, wenn der erste Zustand des Rumratens um jedwede Unmutsäußerung ohne eine gezielte Aussicht auf Änderung einfach anhält?! Was macht das mit einem?

Eltern in einer Situation mit bestimmten besonderen Kindern wissen es ziemlich genau: Es zermürbt! Als Eltern will man natürlich alles in seiner Macht stehende tun, damit es dem eigenen Nachwuchs auch gut geht und er an nichts leidet. Wenn das aber jedes Mal eine totale Herausforderung ist, weil man einfach nicht weiß, was denn nun fehlt. Wenn viele unzufriedene Zusammenkrümmungen des eigenen Sprosses in Try-and-Error-Ketten ausarten, zu dem ganz viele Parteien alle etwas gut gemeintes beitragen, eventuell noch weitere Berater wie Ärzte etc. hinzugezogen werden … Meist dauert es nicht ganz so lange, und man wird ja auch Experte im Deuten kleiner Details. Was aber immer bleibt, ist Unsicherheit. Eben nicht manchmal und in Ausnahmefällen, sondern immer. Und da dieser Umstand eben dann doch wieder nicht so unterschiedlich ist zum „normalen“ Großziehen von Kindern ist, herrscht auch viel unausgesprochenes Unverständnis: „Dann probiert man eben auch noch den Kümmeltee, nach Körnerkissen, Sab Simplex, Bauchmassage, Nahrungsumstellung … – sie wollen ja auch, dass es dem Kind gut geht?! Wo ist das Problem?!“. Das Problem besteht darin, dass es erstens nicht mal klar ist, ob es überhaupt Bauchschmerzen sind und zweitens, dass diese oder ähnliche Ketten von Versuch-und-Irrtum einfach so häufig anstehen. Daher ist die Situation per se angespannt. Das strengt einfach sehr an – und diese Anstrengung ist im Einzelfall von außen gar nicht nachvollziehbar.

Erschwerend kommt irgendwann dazu, dass man auch noch unterscheiden muss, wann eine Unmutsäußerung weniger einen tatsächlich körperliche Ursache hat, als vielmehr das ganz normale Austesten von Grenzen ist. Auch das gilt es natürlich auseinander zu halten, da Erziehung besonderer Kinder eine sehr besondere Aufgabe ist. Das kann man ihnen gar nicht verübeln: Sie sind es halt gewohnt, dass immer jemand da ist, alles tut, was man will und braucht … Immer und selbstverständlich. Das ist gar nicht mal so gut für die Charakterbildung und eine erzieherische Herausforderung Par excellence.

Letztlich braucht es Geduld – in der XXL-Packung. Geduld zur immer wieder genauen Beobachtung, Geduld auch den 100. Tipp wichtig zu nehmen und zu prüfen, Geduld auch und gerade für das besondere Kind selbst, was sich nicht so mitteilen kann, und allein deshalb – verständlicherweise – ausrasten könnte. Geduld von den Familien, das zusammen und dauerhaft auszuhalten.

Was machen Oma und Opa im Handy?

Gestern haben Julian und sein großer Bruder mal spontan Oma und Opa „Gute Nacht“ gesagt. Nicht, dass sie da gewesen wären. Der Digital Native (und natürlich Sohn zweier Wirtschaftsinformatiker) nutzt die Chancen der Digitalisierung. Facetime in diesem Fall – also Video-Telefonie.

Julian hat die beiden gleich erkannt und sich sichtlich gefreut (Oma und Opa im Übrigen nicht weniger ;-)). Er guckte sehr interessiert auf das Display – aber auch immer wieder zu mir. Wirklich als ob er fragen wollte: „Papa, was machen Oma und Opa dort im Handy?!“. Sonst gucke er aber sehr fokussiert, was die beiden machen und hörte sehr interessiert zu. Aufgeregt hat er sich nur, als wir mit Bjarne sprachen und er nicht mehr im Mittelpunkt stand. Sein normales Verhalten – zumal als 3 jähriger. Und: sein Umfeld dreht sich meist nur um ihn.

Er guckte so lange bis man ihm nach ein paar Minuten und kurz vor dem Schlafen gehen die Erschöpfung anmerkte. Damit ging Julian zufrieden ins Bett. Das machen wir sicher noch mal 😉

Rockstar

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Julian hat ein Schlagzeug zu Weihnachten bekommen (Der Klassiker ;-)). Allerdings ein Spezielles: Eine ausrollbare, kleine Silikonmatte mit aufzeichneten Pads, welche die verschiedenen Trommeln, Becken etc. repräsentieren und entsprechend klingen (elektronisch wiedergegeben).
Da Julian total musikbegeistert ist, hatten wir schon erwartet, dass es ihn freuen wird. Julian wird bisher schon nicht müde auf seinem Kinder-Keyboard zu spielen. Dies tut er mit den Händen oder mit den Füßen. Eher ungezielt, aber recht rhythmisch betätigt er die Tasten – mal sanft, oft aber auch recht unsanft. Er bringt dabei auch vollen Körpereinsatz und rollt sich auch mal mit dem ganzen Körper auf das Key-Board oder „spielt“ mal Jimi-Hendriks-like hinter dem Rücken (alles auf seiner Decke liegend selbstverständlich).
Das Schlagzeug ist für ihn super. Nun gibt es sich aber mit diesem nicht zufrieden, sondern „spielt“ gleichzeitig Key-Board und Schlagzeug (Hände und Füße oder beides mit den Füßen etc.). Und fordert damit die Geduld seiner Umwelt heraus!

 

Was manchmal schwer fällt …

Julian ist nun auch korrigiert über 3 Jahre und er macht weiter kleine Fortschritte. Gerade in der freien Zeit über Weihnachten wurde aber klar, dass er einfach am liebsten seinen geregelten Ablauf zu Hause hat. Er ist manchmal die Coach Potato. Und dass wo wir immer oft und gerne und auch mal weit verreist sind. Mit seinem großen Bruder waren wir mit unter 2 schon in den USA – das hat super geklappt. Julian stresst aber laute und ungewohnte Umgebung teilweise sehr. Er zeigt seinen Unmut bis zum Übergeben. So wie neulich im Café: erst war er total unruhig, dann hat er so rumgezappelt, dass sein Monitor ständig piepste und als alles nichts half, hat er gespuckt. Vermutlich war es ihm zu laut – so richtig wissen wir es aber nicht.

Da wir fast gar nicht „gezielt“ mit ihm kommunizieren können, ist auch schwer rauszufinden, was genau es ist, was ihn stört. Vielleicht ist das schon Teil des Problems: er kann sich kaum gezielt mitteilen. Ob er sich wohlfühlt oder nicht, zeigt er schon deutlich. Weit darüber hinaus beginnt teilweise aber das Rätselraten, was er denn nun hat oder will. Das wird auf die Dauer etwas zermürbend. Daran müssen wir mit ihm arbeiten. Er scheint nach den „kognitiven“ Entwicklungsphase geistig keine Einschränkungen zu haben. Beispielsweise wäre er mit mehr Kommunikation wohl „trocken“ – er benutzt mit Unterstützung die Toilette.

Dass jedes Wegfahren aktuell eher einem Umzug gleichkommt, ist ebenfalls auf die Dauer anstrengend. Gerade aktuell wird Julian seit langem mit einer Virus-Infektion nicht ganz fertig und braucht etwas Sauerstoff, d.h. aber auch immer noch Sauerstoffflaschen einpacken, zusehen, dass diese ausreichend befüllt sind, Reha-Buggy, Absauge, Notfalltasche, Absaugkatheter, Tücher, Inhaliergerät, meist Nahrung, Spritzen etc. mitnehmen. Da sind wir froh, dass die Pflegefachkräfte hier dabei ebenfalls hilfreich sind, so dass nichts vergessen wird.

Das sind ein paar Beispiele, wo das Leben doch stark eingeschränkt oder erschwert ist. Für dieses Jahr haben wir uns daher vorgenommen, dass wir verstärkt an der Kommunikation mit Julian arbeiten werden. Wir haben nächste Woche einen Termin im SPZ, um das Thema „Unterstützte Kommunikation“ weiter voranzutreiben.

Jahreswechsel mit Damenbesuch

Zur Sylvesterparty haben uns 2 andere Familien besucht – mit 4 Kindern. Unser kleiner Sohn liebt jedwede Aufregung, Lautstärke usw. ja so gar nicht – mit Ausnahme von anderen Kindern!

Unter diesen war zudem ein 2jähriges Mädchen, was er schon länger kennt, so dass der junge Mann um kurz nach sieben Damenbesuch hatte.
Julian saß in seinem Stuhl und ging seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Keyboard spielen. Nun kam die junge Dame um die Ecke und Julian war sehr aufgeregt. Indiskreterweise wird bei ihm „Aufregung“ ja auch noch quantitativ dargestellt: Julians Puls wird ja permanent durch seinen Monitor angezeigt. Ein Puls von über 170 ist für Julian schon ein „sehr, sehr aufgeregt“.

Ob er nun erfreut war, seine Kindergarten-Liebe unverhofft auf einer Party zu treffen oder er erbost war, dass Konkurrenz um sein heiß geliebtes Keyboard aufkam, ist sein Geheimnis und wird es wohl bleiben. Einen besonderen Eindruck hat die Begegnung auf jeden Fall auf Julian gemacht und wir gehen einfach mal vom ersteren aus.

Die Aufregung legte sich aber auch schnell wieder, so dass der kleine Mann recht pünktlich wie immer schlummerte und er auch das Feuerwerk mit Ignoranz strafte. Er ist halt schon ein ausgeprägtes Gewohnheitstier!