Ausflug zum Seglingshof

Am Sonntag war es endlich mal wieder so weit. Der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst Paderborn-Höxter hat die Familien auf den Seglingshof eingeladen.
Wir trafen etwas später am Nachmittag dort ein und wurden bereits mit großem Hallo empfangen.
Der Hof dort ist wirklich sehr schön. Es gibt jede Menge Tiere zum streicheln, die Geschwisterkinder können Kettcar fahren und es ist jede Menge Platz zum Ausbreiten. Das Highlight war die Treckerfahrt, bei der auch alle besonderen Kinder mitmachen können. Julian wurde kurzerhand mit Rollstuhl auf den Anhänger befördert und los ging die Fahrt durchs Feld. Wir hatten den Eindruck, dass es ihm echt Spaß gemacht hat. Und wir fanden es ebenfalls super.
Kaffee und Kuchen gab es selbstverständlich auch.


Und zu Julians großer Freude hatte eine der Ehrenamtlichen ihre Gitarre dabei. Wir waren erst etwas verwundert, warum er sich das ganz von weiter hinten anschaute. Doch nach einiger Zeit wagte er sich doch nach vorne und saß an seinem Lieblingsplatz: direkt vor der Gitarre. So wippte er im Takt mit und spielte mit den Händen auf einem imaginären Keyboard. Gibt es eigentlich auch so was wie Luft-Keyboard-Spielen?

Es war auch wieder ein bisschen Team-DAVID-Treffen, da Fynn ebenfalls von uns betreut wird und seine Pflegefachkraft Nicolas dabei hatte.

Es war ein sehr schöner Nachmittag und das Wetter zum Glück auch gut. Wir freuen uns schon auf das nächste Event mit dem Hospizdienst. Es ist richtig toll, dass es nun endlich wieder möglich ist.

10.02. Tag der Kinderhospizarbeit

Auch wir sind verbunden mit der Kinderhospizarbeit!
Der 10. Februar ist der Tag der Kinderhospizarbeit. Symbol ist das grüne Band. Es soll Aufmerksamkeit schaffen für die wertvolle und wichtige Arbeit des Kinder- und Jugendhospizdienstes.

Hospiz?

Hospiz = Einrichtung zur Sterbebegleitung – soviel weiß Wikipedia.
Dann noch mit Kindern?! Klingt furchtbar!

Hätten wir denken können. Haben wir aber gar nicht. Ich weiß gar nicht so ganz genau, warum nicht. Natürlich haben wir einen Sohn der lebensverkürzend erkrankt ist – so die korrekte Bezeichnung. Das heißt, dass er früh sterben könnte. Uns ist allerdings sehr hart gesagt worden, dass Julian “seinen 2. Geburtstag nicht erleben“ werde. Das war, als er 2 Wochen alt war. Da waren wir am Boden zerstört und haben gebraucht, um uns davon wieder zu erholen und damit zu leben. Vielleicht auch etwas anders zu leben. An manchen Stellen etwas bewusster …?!

Julian hat den Arzt eines besseren belehrt – er hat nicht nur seinen 2. Geburtstag gefeiert, sondern auch seinen 3., 4., 5., 6., 7. und 8. Geburtstag!

Und in seinem Leben wird er nun begleitet. Von Earnie. Earnie arbeitet als Ehrenamtlicher Familienbegleiter beim Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Paderborn-Höxter: https://www.deutscher-kinderhospizverein.de/kinder-und-jugendhospizdienste/paderborn-hoexter/ . So kam er zu Julian und Julian zu ihm. Die beiden verbindet ein Hobby: Die Musik! Montags weiß Julian genau: Earnie-Tag. Nach der Schule fährt er aufgeregt auf und ab, spielt schon mal Keyboard und um viertel vor 3 fährt er zur Haustür – gucken, ob Earnie endlich kommt. Wenn es endlich soweit ist, machen die beiden zusammen Musik. Ihre ganz eigene. Julian spielt leidenschaftlich Keyboard. Eher mit der ganzen Faust als mit einzelnen Fingern. Er hat ein gutes Rhythmusgefühl. Wir können ihm gut zuhören. Und man kann seine Laune deutlich an seinem Spiel ablesen ;-).

Earnie nimmt Julians Impulse auf, macht ein Thema aus seinem Spiel und begleitet. Oder Earnie spielt einen Song auf der Gitarre oder dem Keyboard und Julian stimmt mit ein. Die beiden verstehen sich prima. Und sie sind zusammen in ihrer eigenen Welt.

Wenn Earnie dann gehen muss, bringt Julian ihn zur Tür und winkt. Und dann fährt er manchmal zum Foto von Earnie und sieht es sich lange an. Und freut sich auf den nächsten Montag.

Und das ist dann Sterbebegleitung?! Nicht so richtig. Der Kinder- und Jugendhospizdienst sagt immer: “Wir begleiten im Leben“ und das trifft es wohl eher.

Dem Kinder- und Jugendhospizdienst sind wir auf jeden Fall dankbar. Für viele tolle Aktionen und Ausflüge. Für tolle Erlebnisse und Begegnungen. So haben wir dort beispielsweise Holger kennen gelernt. Holger ist auch Ehrenamtlicher dort. Holger macht aber auch den Podcast des Kinder- und Jugendhospizdienstes Paderborn-Höxter: Der Begleiter. Bei dem wir schon zwei Mal zu Gast sein durften:

Aber auch das Beschäftigen mit unserer Sterblichkeit ist wertvoll. Und darüber hat Kathrin schon ein Buch geschrieben:

Im W-IN-FLOW Shop gibt es das Buch sogar mit persönlicher Widmung: https://w-in-flow.de/produkt/buch-mit-persoenlicher-widmung-lebe-deine-sterblichkeit/

Denn Sterblichkeit hat eine Menge mit dem Leben zu tun.

Endlichkeit macht Momente wertvoll!

😉

Was hat er denn?

Eltern und Großeltern von Kleinkindern kennen es. Wenn ihr Freunde mit kleinen Kindern habt und/oder Neffen / Nichten, die noch keine 2 Jahre alt sind, kennt ihr das auch: Das Kind schreit, kann noch nicht sprechen oder redet in einem undefinierbaren Kauderwelsch und dann steht man als Erwachsener davor und denkt: „Was hat er/sie denn bloß???“. Je jünger und unbekannter die Kinder sind, desto weniger befriedigend wird die Antwort darauf ausfallen. Die gute Nachricht ist, dass die Kinder in der Regel zwischen 2 und 4 Jahren so schnell sprechen lernen, dass diese Situation dann zu einer absoluten Ausnahme wird.

Wer unsere Geschichte etwas verfolgt hat, weiß, dass bei uns das mit der Normalität und „in der Regel“ so eine Sache ist. Julian ist nun 6,5 Jahre alt und vom Sprechen Lichtjahre entfernt. Wir haben für ihn ein so genanntes Sprechventil. Das steckt man auf seine Kanüle und darüber kann die Luft dann über die oberen Atemwege und vor allem an der Stimmritze vorbeirauschen – wichtigste Voraussetzung, um überhaupt sprechen zu können. Er mag es nicht besonders und es ist auch recht anstrengend für ihn. Das Ergebnis des Sprechventils ist aktuell, dass „RRRR“-Laute aus dem Kind kommen. Die können schon durchaus variieren und auch lauter oder leiser sein. Jedoch sind wir auch da von einem echten Sprechen sehr weit entfernt.

Dann gibt es die nonverbale Kommunikation: mit den Füßen trappeln, den Kopf hin- und her schmeißen, „fauchen“, den Oberkörper so wild hin und her werfen bis der Rolli wackelt oder als letztes Mittel: spucken. Ich sage mal so: Unmut des Zauberprinzen erkennen damit auch Menschen, die ihn sonst nicht so kennen. Allerdings geht es auch nicht darüber hinaus. Schließlich kann er nicht äußern, ob er z.B. Hunger hat, die Windel voll hat, er eine andere Geschichte hören möchte, er mit dem Bruder eine Sendung gucken möchte, nach draußen möchte, Schmerzen hat oder er einfach unklar bockig ist. Gerade letzteres spüren wir in letzter Zeit immer wieder. Fast scheint es so als hole er die Trotzphase nach, in die er aufgrund anderer Herausforderungen verspätet gestartet ist. Er versucht dann durchaus mit dem Kopf durch die Wand – bzw. mit dem Rolli durch die Gardine (grrrrrr……).

Nun könnt ihr euch vorstellen, dass es nach 6,5 Jahren wirklich nervt. Obwohl wir Julian natürlich schon sehr gut kennen und oft richtig damit liegen, was nun das Problem ist, ist es auf Dauer wirklich nervig und anstrengend. Einfach weil man diese Phase des Nichtverstehens nicht verlässt. Und es ist auch nicht so einfach, passend zu reagieren. Angenommen er wirft seinen Kopf hin und her. Das kann nun folgende Gründe habe:

  • Er hat tatsächlich einfach Spaß sich zu bewegen. Andere Kinder laufen den ganzen Tag herum und so hat Julian auch einen entsprechenden Bewegungsdrang.
  • Er hat Schmerzen. Sehr ungünstig, wenn wir das nicht erkennen.
  • Er bockt rum, weil er zum Beispiel nicht in besagte Gardine fahren darf.

Nun würde man ja unterschiedlich reagieren und es ist wirklich ungünstig, wenn wir mit ihm schimpfen, wenn er Schmerzen hat. Erziehung ist damit bei einem behinderten Kind besonders herausfordernd.

Eine neu Welt eröffnet sich da mit der unterstützen Kommunikation. Es hat wirklich lange gedauert bis wir hier den richtigen Zugang hatten. Zum Glück hatten wir die Unterstützung durch den Kindergarten. Einen Talker haben wir bereits zu Hause – das ist aber noch zu viel für Julian. Was aktuell sehr gut klappt, sind die Ja/Nein-Karten. Wir stellen ihm eine Frage und er kann durch die Tippen auf die jeweilige Karte antworten. Das klappt wirklich zunehmend besser. Ok – wir fragen ihn nicht: „Bist du bockig?“ sondern „Willst du deine Ruhe haben?“ 😉 Und manchmal hat er auch keine Lust zu antworten – das ist aber bei anderen 6jährigen auch nicht groß anders. Besteht nur noch die Herausforderung, dass man die richtigen Fragen stellt. Stellt euch mal vor, ihr müsstet jeglich Kommunikation mit eurem Kind mit Ja/Nein-Antworten führen. Dann könnt ihr euch ungefähr vorstellen, welche Herausforderungen das so birgt.

Dennoch: Wir sind sehr froh überhaupt diese Möglichkeit nun zu haben. 🙂